Erster Besuch seit fünf Jahren
Endet mit diesem Bild die Eiszeit zwischen den USA und China?

Zwischen den USA und China herrschte Funkstille – bis jetzt. Zum ersten Mal seit fünf Jahren besuchte ein US-Aussenminister wieder das Land. Stundenlange Gespräche wurden geführt. Endet damit die Eiszeit?
Publiziert: 19.06.2023 um 09:53 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2023 um 11:01 Uhr
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Sie reichen sich wieder die Hände: US-Aussenminister Antony Blinken am Montag mit dem ranghohen chinesischen Aussenpolitiker Wang Yi.
Foto: keystone-sda.ch
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Johannes HilligRedaktor News

Ungeachtet schwerer Spannungen zwischen beiden Grossmächten hat Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping (70) am Montag US-Aussenminister Antony Blinken (61) empfangen. Das berichtete das chinesische Staatsfernsehen.

Das überraschende Treffen am Montag in Peking ist protokollarisch ungewöhnlich. Es kann als besondere Geste gegenüber den USA verstanden werden. Der erste Besuch eines US-Aussenministers seit 2018 erfolgt vor dem Hintergrund schwerer Differenzen zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt. Peking hatte auch Kommunikationskanäle abgebrochen.

Zuvor hatte Blinken bereits ausführliche Gespräche mit Chinas oberstem Aussenpolitiker Wang Yi geführt. Er steht in der Machthierarchie noch über Aussenminister Qin Gang (57), mit dem der US-Aussenminister am Sonntag siebeneinhalb Stunden konferiert hatte. Nach langer Funkstille nahmen beide Seiten mit den Treffen den direkten Dialog auf hoher Ebene wieder auf. Die Gespräche wurden in offiziellen Stellungnahmen beider Seiten weitgehend übereinstimmend als freimütig, tiefgehend und konstruktiv beschrieben.

Besuch wegen Spionageballons abgesagt

Es ist der erste Besuch eines US-Aussenministers in China seit fünf Jahren. Die Beziehungen zwischen Washington und Peking haben sich in den vergangenen Jahren wegen Handels- und Menschenrechtsfragen, dem Umgang mit Taiwan und einer Vielzahl weiterer Themen deutlich verschlechtert. Auch bei anderen Gelegenheiten kommt es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt.

Blinken hatte Anfang Februar eine geplante China-Reise kurzfristig abgesagt, nachdem der tagelange Überflug eines mutmasslichen chinesischen Spionageballons über die USA und der darauf folgende Abschuss zu einem Eklat zwischen Washington und Peking geführt hatte.

«Konstruktive und ehrliche» Gespräche

Von den Gesprächen in Peking erwarteten US-Diplomaten nach eigenen Angaben keinen grösseren Durchbruch. Sie hoffen, die regulären Kommunikationskanäle wieder zu öffnen, um Missverständnisse zu verhindern, die in einen Konflikt münden könnten. Beide Länder teilten am Sonntag mit, dass Qin eine Einladung zu einem Gegenbesuch in Washington angenommen habe.

Die US-Delegation sprach nach dem Treffen am Sonntag von «konstruktiven und ehrlichen» Gesprächen zwischen den beiden Ministern. Nach Angaben von US-Aussenamtssprecher Matt Miller betonte Blinken die «Bedeutung der Diplomatie und das Aufrechterhalten von offenen Kommunikationskanälen für die ganze Bandbreite der Themen, um das Risiko von Fehlwahrnehmungen und Fehlkalkulationen zu verringern».

«Die Taiwan-Frage betrifft den Kern von Chinas Kerninteressen»

Qin sagte Blinken nach Angaben des staatlichen Fernsehsenders CCTV, dass sich die Beziehungen zwischen den USA und China nach Ansicht Pekings «auf dem tiefsten Punkt seit der Aufnahme von diplomatischen Beziehungen» befänden. Dies entspreche weder «den grundlegenden Interessen der beiden Völker», noch den «Erwartungen der internationalen Gemeinschaft», sagte Qin CCTV zufolge bei dem Gespräch mit Blinken.

«Die Taiwan-Frage betrifft den Kern von Chinas Kerninteressen», betonte er zudem. Das Schicksal Taiwans ist derzeit eines der grossen Streitthemen zwischen dem Westen und China.

Ein hochrangiger US-Beamter, der anonym bleiben wollte, sagte, dass die Diskussion am Sonntag über das Übliche hinausgegangen sei – auch bezüglich Taiwan. «Dies war ein echtes Gespräch», sagte er.

Bill Gates «der erste amerikanische Freund»

Seit der Spaltung zwischen China und Taiwan im Jahr 1949 betrachtet Peking die Insel als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland vereinigen will – notfalls mit militärischer Gewalt. Zuletzt hatte Peking die Drohungen gegen Taipeh massiv verstärkt.

Einen versöhnlichen Ton gegenüber den USA hatte Präsident Xi in der vergangenen Woche angeschlagen, als er den Microsoft-Gründer und Philanthropen Bill Gates (67) empfing. Gates sei «der erste amerikanische Freund, den ich in diesem Jahr in Peking getroffen habe», sagte Xi laut der staatlichen «Volkszeitung». «Wir haben unsere Hoffnungen immer in das amerikanische Volk gesetzt und hoffen auf die fortgesetzte Freundschaft zwischen den Völkern der beiden Länder», wurde Xi zitiert. (AFP/jmh)

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