Zuerst waren es ein chinesischer und ein US-amerikanischer Jet, die sich gefährlich nahe kamen, vor einer Woche ereignete sich beinahe eine provozierte Kollision zwischen zwei Kriegsschiffen: Die beiden Supermächte segeln derzeit hart am Wind. Es fehlte beide Male nicht viel, und die Situation wäre eskaliert.
Solche gefährlichen Manöver sind zurzeit die einzige «Kommunikation», die zwischen den beiden verfeindeten Staaten stattfindet. Es gilt das Faustrecht. Nicht einmal am dreitägigen Asien-Sicherheitsgipfel von Anfang Juni, an dem hohe Delegationen beider Länder teilnahmen, kam es zu Gesprächen.
So schlimm um die Kommunikation steht es nicht einmal zwischen Washington und Moskau während des Ukraine-Krieges. Im Herbst 2022 hatte das Pentagon bekannt gegeben: «Die Vereinigten Staaten verfügen über eine Reihe von Kanälen, um kritische Sicherheitsfragen mit den Russen im Falle eines Notfalles oder einer Notsituation zu besprechen.»
Direkter Draht unerlässlich
Dass zwischen Peking und Washington Funkstille herrscht, liegt nicht an den USA. John Kirby (60), Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, sagte auf CNN, dass es für die USA wichtig sei, die Kommunikationskanäle offen zu halten. Die Tatsache, dass dies derzeit nicht der Fall sein, nannte er «besorgniserregend».
Simona A. Grano (44), China-Expertin an der Uni Zürich, unterstreicht diese Aussage: «Gerade wenn sich zwei Supermächte als Feinde gegenüberstehen, ist ein ständiger direkter Draht unerlässlich. Auf jeden Fall ist es enorm gefährlich, auf eine permanent offene Verbindung zu verzichten.»
Um die bilateralen Beziehungen zu stabilisieren, müssten sich beide Länder bemühen, mehrere Kommunikationskanäle einzurichten. Grano: «Konkret bedeutet dies, dass beide Länder so viele Verbindungen wie möglich aufrechterhalten sollten, einschliesslich diplomatischer und militärischer Beziehungen sowie Handelsbeziehungen. Auch der Austausch unter den Bürgerinnen und Bürger müsste verstärkt werden.»
Lösung gefunden?
Offenbar kommt nun aber doch Bewegung in die Sache. Nach den Provokationen in der Luft und im Wasser fand diese Woche in China ein Treffen zwischen hochrangigen amerikanischen und chinesischen Beamten statt, bei dem beide Seiten vereinbarten, in Zukunft doch einige Kommunikationslinien aufrechterhalten zu wollen.
Das Ziel solcher Kommunikationskanäle ist unter anderem zu verhindern, dass es wegen einer Fehleinschätzung oder eines Unglücks zu einer Eskalation kommt. «Wenn wir uns ansehen, was China im internationalen Luftraum und auf den internationalen Wasserstrassen tut – das provokative Abfangen von US-Flugzeugen und Flugzeugen von US-Verbündeten –, so ist das sehr besorgniserregend», sagt Grano.
Heisser Draht seit 1962
Solche informelle Kanäle haben ein Vorbild. Um Provokationen nicht zu einem offenen Krieg eskalieren zu lassen, wurde im Kalten Krieg 1962 ein «heisser Draht» – auch bekannt als «rotes Telefon» – zwischen den USA und der Sowjetunion installiert. Moskau hatte zuvor Mittelstreckenraketen nach Kuba geliefert, die Krise hätte sich beinahe zum militärischen Schlagabtausch der Nuklearmächte hochgeschaukelt. Später wurde der heisse Draht auf andere Länder ausgeweitet.
Wie oft der heisse Draht gebraucht wurde, darüber gibt es keine Angaben. Es ist aber bekannt, dass die Regierungen in Moskau und Washington während der arabisch-israelischen Kriege 1967 und 1973 sowie bei der sowjetischen Invasion in Afghanistan 1979 darüber kommunizierten.
Es handelte sich dabei übrigens nicht um rote Telefone, wie es immer heisst, sondern um eine Kabelverbindung für schriftliche Kommunikation. Heute besteht der heisse Draht aus einer gesicherten Internetleitung.