US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (69) hat China vor einem militärischen Vorgehen gegen Taiwan gewarnt. «Ein Konflikt in der Taiwanstrasse wäre verheerend», sagte Austin am Samstag beim Shangri-La-Dialog in Singapur – einer jährlichen Sicherheitskonferenz. Eine derartige Eskalation hätte Auswirkungen auf die Weltwirtschaft «in einer Weise, die wir uns nicht vorstellen können».
Auch der deutsche Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (63) nimmt im Rahmen einer Asienreise an dem Forum in dem Stadtstaat teil, bei dem Verteidigungspolitiker und Experten dabei sind. Der SPD-Politiker plädierte bei der Ankunft für einen Ausbau des deutschen Engagements im indopazifischen Raum, der wegen seiner wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Bedeutung eine zentrale Rolle spiele.
Angesichts der Bedrohung durch China und seine umstrittenen Territorialansprüche besonders im Südchinesischen Meer hob der US-Verteidigungsminister die zunehmende Sicherheitskooperation der USA mit Ländern in der Region hervor. Die USA setzten sich für einen «freien, offenen und sicheren Indopazifik» ein – mit der Freiheit des Schiffsverkehrs und des Überflugs für alle Länder.
USA wollen Frieden bewahren
Kein Land allein dürfe die Kontrolle über gemeinsame Meereswege beanspruchen, sagte Austin. Das 2016 gefällte Urteil des Schiedsgerichts in Den Haag, das Chinas Ansprüche im Südchinesischen Meer zurückgewiesen hat, sei rechtlich bindend. Die USA unterstützten ihre Verbündeten in der Region dabei, sich Zwangsmassnahmen durch China zu widersetzen, «Wir suchen keinen Konflikt oder Konfrontation», sagte Austin. «Aber wir werden angesichts von Schikane und Nötigung nicht zurückschrecken.»
Das sei besonders in der Meerenge der Taiwanstrasse wichtig, führte der Pentagon-Chef aus. Die USA lehnten eine «einseitige Veränderung des Status quos» egal von welcher Seite ab. Aus seiner Sicht sei ein Konflikt aber «weder unmittelbar bevorstehend noch unausweichlich». Die USA seien jedenfalls entschlossen, den Frieden und die Sicherheit in der für den weltweiten Schiffsverkehr und Handel so wichtigen Taiwanstrasse zu bewahren.
China reagierte am Samstag prompt auf Austins Aussagen und warf ihm «falsche Anschuldigungen» vor. Der Sprecher der chinesischen Delegation, Jing Jianfeng, sagte am Samstag, die Indopazifik-Strategie der USA setze nur die amerikanische Vorherrschaftspolitik fort.
Li Shangfu droht mit Eroberung Taiwans
Die USA provozierten eine Konfrontation der Blöcke, sagte der Generalleutnant nach Angaben chinesischer Staatsmedien. Aus Eigennutz missachteten die USA den Wunsch der Staaten in der Region nach Stabilität und setzten andere Länder unter Druck. Auch weiteten die USA ihre Truppenstationierungen aus, hielten regelmässig gezielte Manöver ab, provozierten und untergrüben Frieden und Stabilität.
China betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik. Die 23 Millionen Einwohner zählende demokratische Inselrepublik hat allerdings seit mehr als sieben Jahrzehnten eine eigenständige Regierung.
Chinas neuer Verteidigungsminister Li Shangfu (65) drohte nach seiner Ankunft in Singapur erneut mit einer Eroberung Taiwans: «Wir werden niemals versprechen, von dem Einsatz von Gewalt abzusehen», zitierten ihn chinesische Staatsmedien. «China muss vereint werden.»
USA liefern Waffen an Taiwan
Austin zeigte sich besorgt über den Mangel an Kommunikation zwischen den Grossmächten China und den USA, deren Beziehungen auf einen Tiefpunkt gefallen sind. Besonders für die Streitkräfte und Verteidigungspolitiker beider Seiten seien offene Kommunikationsverbindungen wichtig, sagte Austin. «Der richtige Zeitpunkt für Gespräche ist jetzt.»
Mit Blick auf eine Begegnung im Vorbeigehen am Vorabend mit General Li Shangfu sagte Austin: «Ein herzliches Händeschütteln beim Abendessen ist kein Ersatz für eine sachliche Auseinandersetzung.» Die chinesische Seite hatte seinen Wunsch nach einem Gespräch mit dem Amtskollegen am Rande der Konferenz abgelehnt. Ein Streitpunkt ist, dass die USA den General 2018 mit Sanktionen belegt haben, deren Aufhebung Peking fordert.
Die USA stünden weiter zu ihrer Ein-China-Politik, wonach die Führung in Peking als legitime Regierung Chinas anerkannt werde, versicherte Austin. Zugleich wollten sie den Status quo bewahren und sich an die Verpflichtungen nach dem amerikanischen «Taiwan Relations Act» halten, der vorsieht, Taiwans Verteidigungsfähigkeit zu fördern. Bisher bedeutete das vor allem Waffenlieferungen. Doch hat US-Präsident Joe Biden (80) schon mehrfach zugesichert, Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs auch mit US-Truppen zu Hilfe kommen. (nad/SDA)