Der Mordfall wirft hohe Wellen in Thailand. Die Schweizerin Rita N.* (†57), eine hochrangige Mitarbeiterin der Parlamentsdienste in Bern, wurde diese Woche auf Phuket erst vergewaltigt, dann ermordet. Seit Dienstag war die Touristin spurlos verschwunden, kehrte nicht ins Hotel zurück.
Am Donnerstag wurde ihre Leiche bei einem Wasserfall gefunden. Teilweise entblösst. Der Leichnam wird noch ans Wasser geschleift und dort behelfsmässig mit Steinen beschwert und versenkt. Am Donnerstag taucht der Körper auf. Ein Anwohner entdeckte ihn und schlug Alarm.
Die Behörden haben mit Hochdruck sämtliche Videokameras in der Umgebung des Tatorts ausgewertet. Inzwischen hat die thailändische Polizei einen Verdächtigen gefasst, wie lokale Medien berichten. Es handelt sich um einen 27-jährigen Thailänder. Die Aufnahme einer Überwachungskamera soll ihn laut den Berichten in der Nähe des Tatorts auf einem Roller zeigen. Erste Berichte sprachen von einem burmesischen Staatsangehörigen im Alter von 33 Jahren. Dies wurde jedoch korrigiert.
Geständnis im Verhör
Der Verdächtige ist den Polizeiinformationen zufolge verletzt. Die Verletzungen seien bei einem Kampf entstanden und durch Hinfallen verursacht worden, soll der 27-Jährige zu Protokoll gegeben haben. Der mutmassliche Täter habe bei einem eineinhalbstündigen Verhör gestanden, berichtet die «Bangkok Post». Demnach soll er Rita N. ertränkt haben.
Die Polizei habe bereits eine Tatortbegehung mit ihm durchgeführt. Er soll vom Verkauf von wilden Orchideen gelebt haben, die er im Gebiet pflückte.
Auf Phuket, ja in ganz Thailand herrscht grosse Anteilnahme nach der Schreckenstat. Menschen legten am Freitag in der Nähe des Tatortes weisse Blumen nieder und zündeten Kerzen an, wie «Thai Rath» berichtet. Auch Andrea Kotas Tammathin, Honorarkonsulin der Schweiz auf Phuket, erwies der getöteten Schweizerin ihren letzten Respekt.
Weiterer Rückschlag für schon arg angeschlagenen Tourismus
Der Tatort wurde hermetisch für die Spurensicherung abgeriegelt. Jemand hatte es gerade noch geschafft, am Ort des Verbrechens Blumen niederzulegen. Auf einem Zettel steht: «In Erinnerung an Rita. Möge deine Seele in Frieden ruhen.» Unterzeichnet vom The Mooring Resort, dem Hotel, wo N. Ende Juli eingecheckt hatte – und wohin sie am Dienstag nach ihrem Ausflug zu Fuss an den Ao Yon Wasserfall nicht zurückgekehrt war.
Für Thailand bedeutet die Mordtat auch ein Desaster für seinen Ruf als Traumdestination. Phuket wurde im Juli im Rahmen eines «Sandbox»-Pilotprogramms als erstes Feriengebiet für ausländische Touristen geöffnet. Die Covid-Pandemie hat Thailands Tourismusindustrie schon weitgehend an den Rand des Ruins getrieben. Phuket galt als Startrampe, um das Land langsam wieder zurück zur Normalität zurückzuführen. Anfang August konnte Thailand auch den Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis (60) als ersten hohen Staatsgast seit fast einem Jahr Isolation empfangen.
Die Mordtat auf Phuket versetzt auch Thailands Führung in Schockstarre. Höchste Regierungsetagen haben gleich bei der Schweizer Botschaft kondoliert.
Entsetzt zeigte sich auch Tourismusminister Phiphat Ratchakitprakarn (66). Der mutmassliche Mord erschüttere alle Bemühungen Thailands, seinen am Boden liegenden Tourismus wiederzubeleben, erklärte Phiphat am Freitag: «Dieser Vorfall hätte nicht passieren dürfen.
Für Informationen, die zur Aufklärung des Mordfalles verhelfen, setzte die Polizei eine Belohnung von 200'000 Baht aus. Das sind umgerechnet 5500 Franken. Für thailändische Verhältnisse eine stattliche Summe, die einem guten Jahreslohn von einem Arbeiter entspricht.
Ähnlicher Mordfall 2014
Der letzte grosse Touristen-Mordfall ereignete sich 2014 auf der Insel Koh Tao. Die beiden Briten Hannah Witheridge und David Miller wurden frühmorgens ermordet am Strand aufgefunden. Die Opfer wiesen Kopfwunden auf. Witheridge war vergewaltigt, Miller ertränkt worden.
Unter Fahndungsdruck verhaftete die Polizei zwei Wochen später zwei Migranten aus Myanmar. Aufgrund DNA-Proben wurden die beiden mutmasslichen Täter später zum Tod verurteilt. Doch es herrschen arge Zweifel an der Schuld der Verurteilten. Die DNA-Proben waren Fachleuten zufolge kontaminiert und die beiden Angeklagten sollen bei stundenlangen Verhören massiv bedroht worden sein. Auch ein Anwalt wurde ihnen verwehrt.
Der damalige Mordfall warf auch in ausländischen Medien dermassen hohe Wellen, dass Touristenzahlen in den folgenden Monaten einbrachen. Das englische Massenblatt «The Sun» titelte zur getöteten Schweizerin bereits «Insel des Todes».
* Name geändert