Fast 40 Jahre nach dem Verschwinden der Tochter eines Vatikan-Angestellten nimmt der Vatikan neue Ermittlungen auf. Vatikan-Staatsanwalt Alessandro Diddi komme damit auch einer Bitte der Familie des Mädchens nach, erklärte ein Sprecher am Dienstag. Die 15-jährige Emanuela Orlandi war am 22. Juni 1983 nicht vom Musikunterricht in Rom heimgekehrt. Der Fall gilt als eines der grössten Rätsel in der jüngeren italienischen Kriminalgeschichte.
Der Vatikan machte zunächst keine Angaben dazu, auf welcher Grundlage die neuen Ermittlungen eingeleitet wurden. Auch die Familie Orlandi wurde nach Angaben ihrer Anwältin zunächst nicht über Details informiert. «Wir wissen nicht, was der Vatikan tun wird», sagte die Anwältin Laura Sgro. Sie hat demnach noch nicht herausgefunden, ob der Vatikan die alten Ermittlungsakten der römischen Staatsanwaltschaft erneut auswerten will oder eigene Spuren verfolgt.
Verbindung zu Mordanschlag auf Papst vermutet
Um Orlandis Verschwinden rankten sich immer neue Spekulationen, in denen teilweise auch der Vatikan eine Rolle spielt. Laut einer weit verbreiteten Theorie wurde das Mädchen von einer Bande entführt, die den damaligen Chef der Vatikanbank erpressen wollte. Laut einer anderen unbewiesenen Theorie wurde Emanuela entführt, um Mehmet Ali Agca (65) freizupressen, der 1981 einen Mordanschlag auf Papst Johannes Paul II. (1920–2005) verübt hatte.
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2019 hatte der Vatikan auf der Suche nach sterblichen Überresten der Verschwundenen zwei Beinkeller geöffnet. Nach Angaben der Ermittler wurden darin aber nur alte Knochen gefunden. Auch andere verfolgte Spuren führten nicht zu einem Ergebnis. Im vergangenen Jahr hatte sich die Netflix-Dokuserie «Vatican Girl» mit dem rätselhaften Fall befasst. (AFP/jmh)