Das mysteriöse Verschwinden von Sarah Everard gibt der britischen Polizei Rätsel auf. Die 33-jährige Frau aus dem Londoner Stadtteil Brixton wurde zuletzt am Mittwoch vor einer Woche um 21.30 Uhr von einer Überwachungskamera gefilmt.
Sie besuchte zuvor im benachbarten Stadtteil Clapham eine Freundin und verliess deren Haus kurz nach 21 Uhr. Auf ihrem Heimweg telefonierte die Marketing-Angestellte rund 15 Minuten lang mit ihrem Freund Josh Lowth (33). Danach verlor sich ihre Spur.
Polizist und seine Freundin verhaftet
Sechs Tage nach ihrem Verschwinden wurde der Polizist Wayne Couzens (48) festgenommen. Der zweifache Vater steht unter Verdacht, die Frau getötet zu haben, sagen die Ermittler. Auch seine 39-jährige Ehefrau Elena wurde verhaftet. Sie wird der Beihilfe zum Mord beschuldigt. Die beiden sitzen in U-Haft.
Am gestrigen Mittwoch folgte die nächste Schocknachricht: Ermittler fanden eine Leiche. Der menschlichen Überreste seien in einem Wald in der südostenglischen Grafschaft Kent, in der Nähe der Stadt Ashford, gefunden worden, sagte die London Polizeichefin Cressida Dick vor den Medien. Derzeit könne man jedoch noch nicht sagen, ob es sich beim Opfer um Everard handle.
«Schockiert und wütend»
Auch äusserte sich Cressida Dick zum verhafteten Tatverdächtigen. Der Mann ist offenbar nicht irgendein Streifenpolizist, sondern Mitglied einer Sondereinheit, die Regierungsgebäude und Botschaften bewacht. Er soll Sarah Everard in sein Auto gelockt haben, schreibt «The Sun».
Dass der mutmassliche Täter aus den eigenen Reihen stammen könnte, sei für die gesamte Polizei schockierend – und mache sie wütend, betonte Dick. «Ich spreche im Namen aller meiner Kollegen, wenn ich sage, dass wir über diese schrecklichen Nachrichten völlig entsetzt sind», fügte sie hinzu. «Unser Job ist es, auf den Strassen zu patrouillieren und die Menschen zu schützen.»
Sie sei in Gedanken bei den Angehörigen der jungen Frau. «Sarahs Verschwinden unter diesen schrecklichen Umständen ist der schlimmste Alptraum jeder Familie. Ich weiss, dass die Londoner wissen wollen, dass es zum Glück unglaublich selten ist, dass eine Frau von unseren Strassen entführt wird.»
Sie verstehe jedoch vollkommen, dass «die Frauen in London und die breitere Öffentlichkeit – besonders die in der Gegend, in der Sarah verschwand – sich trotzdem Sorgen machen – und vielleicht sogar Angst haben».
Der britische Premierminister Boris Johnson hat rasche Aufklärung gefordert. «Wir müssen uns beeilen, alle Antworten zu diesem schrecklichen Verbrechen zu finden», schrieb Johnson am Donnerstag auf Twitter. Er sei «schockiert und tieftraurig» wegen des Falls. (man)