Israel steuert mit Vollgas die Normalität an. Mehr als die Hälfte die Bevölkerung hat mindestens eine Erstimpfung gegen Corona erhalten. Fast fünf Millionen der neun Millionen Einwohner sind vollständig geimpft. Insgesamt haben 85 Prozent aller Ü-16-Jährigen entweder die Krankheit durchgestanden oder eine Impfung erhalten und sind somit immunisiert.
Die Zahlen stimmen auch die Experten zuversichtlich. Am Montag postete der Biologe Eran Segal vom Weizmann Institut auf Twitter: «Zumindest vorerst haben Impfstoffe Covid-19 aus Israel so gut wie ausgerottet.»
Der Wissenschaftler veröffentlichte zuvor eine Grafik, die die Korrelation der Impfkampagne und der Neuinfektionen, Hospitalisierungen und Todesfälle aufzeigt. Seit Mitte Januar ist die Zahl der Ansteckungen um 98 Prozent zurückgegangen, die Zahl der schwer Erkrankten sank um 93 Prozent und bei den Todesfällen ist es ein Rückgang von 87 Prozent.
Zuletzt wurden 150 Neuansteckungen pro Tag registriert. Zum Vergleich: In der Schweiz wurden im April praktisch immer über 2000 Fälle täglich gemeldet.
Die Zahl der schwer kranken Corona-Patienten ist auf etwa 200 gefallen. Ende Januar gab es davon in Israel noch etwa 1200.
Maskenpflicht draussen aufgehoben
Gut ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie ist die Maskenpflicht im Freien aufgehoben worden. In Innenräumen, die öffentlich genutzt werden, gilt die Pflicht weiterhin. Experten gehen aber davon aus, dass sie angesichts der stark gesunkenen Infektionszahlen in einem Monat ebenfalls aufgehoben werden kann.
Erstmals seit einem Jahr wurden auch viele Schulen wieder vollständig geöffnet. Die Kinder und Jugendlichen lernen wieder in Klassenverbänden statt in kleinen Gruppen. In den Klassenräumen gilt allerdings weiterhin Maskenpflicht.
Zahlen sinken dank Impfung
Segal und seine Kollegen sind überzeugt, dass die Impfung und nicht etwa der strenge Lockdown im Januar für den Erfolg der Pandemiebekämpfung verantwortlich ist.
Gemäss ihrer Studie, die im Magazin «Nature» erschienen ist, seien nach Beginn der Impfkampagne zunächst die Fallzahlen und die Spitaleinweisungen in den höheren Altersgruppen gesunken. Also dort, wo die erste Piks verteilt wurden. Erst später gingen die Ansteckungen auch bei den Jüngeren zurück – entsprechend der Impfreihenfolge.
Ein solches Muster sei beim vorangegangenen Lockdown im September nicht beobachtet worden, halten die Forscher fest.
Macht die südafrikanische Variante einen Strich durch die Rechnung?
Kann denn jetzt noch was schief gehen? Wie «N-TV» schreibt, könnte der Erfolg durch diverse Virus-Varianten gebremst werden. In seiner Studie fand der Forscher Adi Stern von der Universität Tel Aviv heraus, dass die Biontech/Pfizer-Impfung etwas weniger gut vor der südafrikanischen Variante (B.1.351) schützte. Ein Grund zur Sorge sei das trotzdem nicht.
Stern und seine Kollegen betonen, dass die südafrikanische Variante in Israel bisher selten vorkomme und die Wirksamkeit darum auf jeden Fall hoch sei.
Zwei Wochen nach der Impfung keine Ansteckung
Einige Zeit später publizierte Stern ausserdem ein Update zur Studie. Keiner von den vollständig geimpften Menschen wurde zwei Wochen nach der zweiten Dosis oder noch später positiv auf das Virus getestet. «Dies könnte bedeuten, dass es ein kurzes Fenster der Anfälligkeit für B.1.351-Infektionen gibt, das auf die unmittelbaren zwei Wochen nach der zweiten Dosis beschränkt ist», sagte Stern.
Andere Analysen stellen der Impfung von Biontech/Pfizer ebenfalls ein gutes Zeugnis aus. Eine klinische Studie mit 12'000 Probanden zeigte, dass das Vakzin gegen die britische und die südafrikanische Variante schütze. Und zwar auch mindestens sechs Monate nach der zweiten Dosis.
Und in einer weiteren Untersuchung aus Israel kamen Forscher zum Ergebnis, dass der Impfstoff einen sehr hohen Schutz – nämlich zu 94 Prozent – vor asymptomatischen Infektionen biete. Den Daten zufolge zeigte der Impfstoff zudem eine Wirksamkeit von 97 Prozent bei der Vorbeugung von symptomatischen Erkrankungen, schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen. (man/SDA)