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Brisante Abstimmung im Bundestag
Kommts gleich wieder zum Migrations-Eklat mit der AfD?

Trotz Massenprotesten könnte der Bundestag am Freitag ein Migrationsgesetz verabschieden, bei dem die Stimmen der AfD entscheidend sein könnten. Der CDU/CSU-Entwurf sieht Einschränkungen beim Familiennachzug und erweiterte Befugnisse für die Bundespolizei vor.
Publiziert: 07:47 Uhr
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Aktualisiert: vor 5 Minuten
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Der Bundestag stimmt am Freitag über eine Verschärfung der Migration ab.
Foto: imago/Mike Schmidt

Auf einen Blick

  • CDU und AfD stimmen über Migrationspolitik ab, Proteste folgen
  • Gesetzentwurf zur Aussetzung des Familiennachzugs für Geflüchtete mit eingeschränktem Schutzstatus
  • Zehntausende Menschen demonstrierten in mehreren deutschen Städten gegen die Abstimmung
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SDASchweizerische Depeschenagentur
vor 6 Minuten

Debatte verschoben

Die Abstimmung wird verschoben. Die CDU hat um eine Pause von 30 Minuten gebeten. Man wolle eine Fraktionssitzung abhalte. 

vor 22 Minuten

FDP will spätere Abstimmung – würde aber weiter dafür stimmen

Angesichts der erwarteten Unterstützung durch die AfD dringt die FDP auf eine Verschiebung der Abstimmung über den Unionsgesetzentwurf zur Migrationspolitik. 

Die FDP werde am Freitag einen Antrag auf Rücküberweisung stellen, damit erst an den letzten Sitzungstagen des Parlaments vor der Bundestagswahl im Februar über die Vorlage abgestimmt werde, sagte Fraktionschef Christian Dürr am Freitag. Bis dahin wollten die Liberalen versuchen, eine Mehrheit der «demokratischen Mitte» im Bundestag für das Gesetz zu organisieren.

09:42 Uhr

«Wir müssen diesen Sturm jetzt aushalten»

Vor der Abstimmung über einen Gesetzentwurf für schärfere Migrationsregeln, bei dem die Stimmen der rechtspopulistischen AfD mit entscheidend sein könnten, hat der deutsche Oppositionsführer Friedrich Merz die CDU/CSU-Abgeordneten auf harte Auseinandersetzungen im Wahlkampf eingestimmt.

«Wir müssen diesen Sturm jetzt aushalten. Das haben wir schon öfters erlebt», sagte der CDU-Vorsitzende nach Informationen aus Teilnehmerkreisen am Morgen in einer Sondersitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin. Erneut lehnte er eine Zusammenarbeit mit der AfD auch nach der Bundestagswahl entschieden ab.

Die Bürger würden sich «genau anschauen, wie widerstandsfähig die Union ist», sagte der CDU/CSU-Kanzlerkandidat demnach. Es werde voraussichtlich auch nach der Wahl harte Auseinandersetzungen geben, wenn es einen Politikwechsel und Reformen gebe. Merz sagte nach diesen Informationen weiter, er habe am Vortag mit SPD und Grünen gesprochen. Die Atmosphäre der Gespräche sei «sehr vernünftig» gewesen.

Ende des Livetickers

Zehntausende Menschen demonstrieren in Deutschland gegen eine gemeinsame Abstimmung von Christdemokraten und AfD in der Migrationspolitik - dennoch könnte am Freitag ein Gesetz den Bundestag passieren, bei dem die Stimmen der Rechtspopulisten mit entscheidend sein könnten.

In dem von CDU und CSU eingebrachten Entwurf geht es um konkrete Regelungen zur Eindämmung der Migration. Nach dem Bundestag müsste das Vorhaben aber noch durch die Länderkammer, den Bundesrat. Dort ist eine Zustimmung nicht sicher.

Empörung über das Vorgehen

Bereits am Mittwoch hatten die Christdemokraten mit Hilfe der Alternative für Deutschland (AfD) einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag durchgesetzt. Der Antrag hatte allerdings nur Appellcharakter.

Die Empörung über das Vorgehen von Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU), der auch Spitzenkandidat von CDU und CSU zur Bundestagswahl ist, ist seitdem gross. Zehntausende Menschen gingen deshalb allein am Donnerstag auf die Strasse - unter anderem in Berlin, Freiburg, Hannover und München.

Worum geht es in dem Gesetzentwurf?

Kern des Gesetzentwurfs der Unionsfraktion, zu dem die liberale FDP, die AfD und das linkspopulistische BSW Zustimmung signalisiert haben, ist die Aussetzung des Familiennachzugs zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus.

Zu dieser Gruppe gehören in Deutschland viele Syrerinnen und Syrer. Ausserdem sollen die Befugnisse der Bundespolizei erweitert werden. Sie soll künftig, wenn sie in ihrem Zuständigkeitsbereich - also etwa an Bahnhöfen - Ausreisepflichtige antrifft, selbst für eine Abschiebung sorgen können.

Die Union dringt in ihrem Entwurf überdies darauf, das Ziel einer «Begrenzung» des Zuzugs von Ausländern wieder ins Aufenthaltsgesetz aufzunehmen. Das hatte die inzwischen auf Rot-Grün reduzierte Ampel-Koalition gestrichen.

Ist das Vorhaben neu?

Von März 2016 bis Juli 2018 war der Familiennachzug für sogenannt subsidiär Schutzberechtigte von der damaligen schwarz-roten Koalition ausgesetzt worden. Begründet wurde dies damals mit der Absicht, eine Überlastung bei der Aufnahme und Integration zu vermeiden.

Seit August 2018 dürfen monatlich insgesamt 1000 Menschen als Angehörige von Menschen mit diesem Schutzstatus einreisen. Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und liberaler FDP sah eigentlich vor, dass der Familiennachzug auch zu Menschen aus dieser Gruppe wieder unbegrenzt möglich werden soll. Umgesetzt wurde dieses Vorhaben aber nicht.

Welche Abstimmungen hat es vorher gegeben?

Am Mittwoch war ein Antrag der Union zu umfassenden Zurückweisungen an der Grenze im Bundestag beschlossen worden, weil die in Teilen rechtsextreme AfD sowie zahlreiche Abgeordnete der FDP und einige Fraktionslose zugestimmt hatten.

Politiker und Politikerinnen von Sozialdemokraten (SPD), Grünen und Linke kritisierten Unionsfraktionschef Merz dafür scharf und sprachen von einem Tabubruch.

Anders als der am Mittwoch angenommene 5-Punkte-Plan hat der jetzt zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf rechtliche Konsequenzen. Die Bundesregierung müsste die darin vorgeschlagenen Änderungen umsetzen, falls er denn beschlossen werden sollte.

Wie läuft die Abstimmung ab?

Im Bundestag wird über das «Zustrombegrenzungsgesetz» namentlich abgestimmt. Bei diesem Verfahren wirft jeder Abgeordnete seine Stimmkarte ein - am Ende wird veröffentlicht, wie jeder Einzelne abgestimmt hat. Notwendig ist eine einfache Mehrheit, also mehr Ja- als Nein-Stimmen. Die Christdemokraten haben zusammen mit der AfD, dem linkspopulistischen BSW und der FDP eine Mehrheit im Bundestag.

Wie geht es weiter, falls der Bundestag zustimmt?

Dem Gesetzentwurf müsste auch der Bundesrat zustimmen. Da bislang keine Bemühungen zu erkennen sind, die Länderkammer um Fristverkürzung zu bitten, würde der Bundesrat erst im März - nach der für den 23. Februar geplanten Bundestagswahl - entscheiden. Ob es für das Vorhaben im Bundesrat eine Mehrheit geben wird, ist allerdings fraglich.

Sollte das Gesetz von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden, will die SPD möglicherweise vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Die von der Union angestrebten Verschärfungen der Migrationsregeln müssten in Teilen «absolut verfassungsrechtlich geprüft werden», sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch der Deutschen Presse-Agentur. «Insofern halten wir uns diesen Weg auf alle Fälle offen.»

Was sagen die Parteien vor der Abstimmung?

Bundeskanzler Olaf Scholz warf Merz vor, man könne ihm bei der Frage einer möglichen Zusammenarbeit mit der AfD nicht mehr trauen. Merz habe mit Blick auf den Unionsgesetzentwurf gesagt, ihm sei egal, wer zustimme, sagte Scholz dem Sender RTL.

«Das ist eine Politik, die nicht auf Konsens und Kooperation ausgerichtet ist, sondern die genau das will, nämlich die Zustimmung der AfD», sagte Scholz.

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz appellierte erneut an die SPD. «Ich gebe bis zum Schluss die Hoffnung nicht auf, dass die Sozialdemokraten die Kraft finden, dem Vorschlag von uns zuzustimmen», sagte er bei einem Wahlkampfauftritt in Dresden.

Der SPD-Innenpolitiker Dirk Wiese erteilte Merz eine klare Absage. Die Union habe ernsthafte und konstruktive Gespräche zur inneren Sicherheit und zu Migrationsfragen immer wieder abgelehnt, sagte er der «Rheinischen Post». «Jetzt uns kurzerhand diesen unausgegorenen Gesetzentwurf präsentieren in Friss-oder-stirb-Manier? Da gehen wir ganz sicher nicht mit.»

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge warnte die Union eindringlich davor, erneut mit der AfD abzustimmen. «Mittwoch war der Tabubruch. Freitag wäre die Wiederholungstat», sagte sie der «Süddeutschen Zeitung».

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verteidigte das Vorgehen der Union. «Wir stimmen nicht gemeinsam mit AfD. Mir ist völlig egal, was sie machen», sagte Linnemann in der ZDF-Talkshow «Maybrit Illner». Wenn man aus Angst, «dass irgendjemand zustimmen könnte», nicht nach seiner Überzeugung handele, so Linnemann, «dann ist das kein Parlament mehr, kein demokratisches Parlament».

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