Die wichtigsten Antworten zum Haftbefehl gegen den israelischen Premier
Muss Benjamin Netanyahu jetzt ins Gefängnis?

In 124 Ländern droht Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu nun die Verhaftung: Der Internationale Strafgerichtshof erliess einen Haftbefehl gegen ihn, seinen ehemaligen Verteidigungsminister und einen Hamas-Kommandeur.
Publiziert: 21.11.2024 um 16:06 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2024 um 16:09 Uhr
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Der Internationale Strafgerichtshof erliess einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu (l.) und den ehemaligen Verteidigungsminister Joaw Galant.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • IStGH erlässt Haftbefehle gegen Netanyahu, Galant und Deif wegen Kriegsverbrechen
  • Netanyahu müsste in 124 Ländern verhaftet werden, die IStGH anerkennen
  • 124 Länder, darunter EU-Nationen und die Schweiz, unterzeichneten das Römer Statut
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehle erlassen, die weltweit für Aufsehen sorgen: gegen Israels Premierminister Benjamin Netanyahu (75), den ehemaligen Verteidigungsminister Joaw Galant (66) und den totgeglaubten Hamas-Kommandeur Mohammed Deif. Im Mittelpunkt stehen schwere Vorwürfe von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die Richter erklärten, es gebe «vernünftige Gründe» dafür, dass die drei Männer «strafrechtliche Verantwortung» für angebliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Krieges zwischen Israel und der Hamas tragen. Sowohl Israel als auch die Hamas haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Welche Konsequenzen drohen nun – und wie reagiert die Welt? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wie lautet der Haftbefehl gegen Netanyahu konkret?

Der IStGH fand laut Bericht «hinreichende Gründe für die Annahme», dass Netanyahu «als Mittäter strafrechtliche Verantwortung für die folgenden Verbrechen trägt: das Kriegsverbrechen des Aushungerns als Methode der Kriegsführung und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form von Mord, Verfolgung und anderen unmenschlichen Handlungen».

Der IStGH fand ausserdem Beweise für die Annahme, dass Netanyahu und Gallant «als zivile Vorgesetzte für das Kriegsverbrechen der vorsätzlichen Leitung eines Angriffs gegen die Zivilbevölkerung strafrechtlich verantwortlich ist».

Mit diesem Haftbefehl wird Netanyahu auf die gleiche Stufe wie Kremlchef Wladimir Putin (72) oder auch der verstorbene libysche Oberst Muammar Gaddafi (1942-2011) gestellt.

Was ist der Internationale Strafgerichtshof?

Der IStGH ist ein Gerichtshof, der gegründet wurde, um Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord zu verfolgen. Er hat seinen Sitz in Den Haag, Niederlande, und ist das einzige permanente internationale Gericht, das zuständig ist, um Einzelpersonen, einschliesslich Staatsoberhäupter, für diese schweren Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.

Wo müsste Netanyahu jetzt verhaftet werden – und wo nicht?

Insgesamt 124 Länder, darunter alle EU-Nationen und die Schweiz, unterzeichneten das Römer Statut und anerkennen somit den IStGH. Nicht mit von der Partie sind etwa China, Äthiopien, Indien, Indonesien, Irak, Nordkorea, Saudi-Arabien oder die Türkei. Auch Israel selbst unterzeichnete das Römer Statut nicht. Unter anderem die USA – der wichtigste Verbündete Israels – haben die Anerkennung des Statuts wieder zurückgezogen, genauso wie Russland und der Sudan.

Was droht Netanyahu jetzt?

Wenn der israelische Ministerpräsident Fuss in eines der 124 Vertragsländer setzt, müsste er eigentlich verhaftet werden. Ob Netanyahu wirklich jemals hinter Gittern landet, bleibt aber offen. Und ohne eine Verhaftung kann der IStGH keinen Prozess gegen ihn starten.

Seit dem 7. Oktober – dem Tag des Hamas-Terrorangriffs auf Israel – verliessen Netanyahu und Gallant nur selten das Land. Einzig im Juli reiste er in die USA, um sich mit US-Präsident Joe Biden (82) und Vizepräsidentin Kamala Harris (60) zu treffen.

Wie reagiert Israel auf den Haftbefehl?

Weder Netanyahu noch Gallant oder die Hamas gaben einen Kommentar ab.

Der israelische Präsident Isaac Herzog sagte: «Die unerhörte Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs hat die universelle Justiz in eine universelle Lachnummer verwandelt. Die Entscheidung hat die Seite des Terrors und des Bösen über Demokratie und Freiheit gestellt und das Rechtssystem selbst zu einem menschlichen Schutzschild für die Verbrechen der Hamas gegen die Menschlichkeit gemacht», fügte er hinzu.

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