Die Ukraine wurde in den letzten Tagen von russischen Raketen so stark attackiert wie seit Beginn des Krieges nicht mehr. Teile von Kiew liegen in Trümmern, es gibt etliche Tote und Verletzte.
Parallel dazu versuchen die ukrainischen Truppen an der Front, die besetzten Gebiete zurückzuerobern. Die Amerikaner haben Kiew bereits vier weitere Himars-Raketensysteme, die zum Gegenangriff genutzt werden können, geschickt. «Eine gute Zeit für die Ukraine, eine schlechte für unsere Besetzer», resümiert Oleksij Resnikow (56), Verteidigungsminister der Ukraine, am Mittwoch.
Für Rückeroberung der Stadt Cherson fehlt die Kraft
Die ukrainischen Streitkräfte konzentrieren sich vor allem auf die Region Cherson, im Süden der Ukraine. Am Sonntag konnten sie einige Erfolge vermelden. Laut Angaben der ukrainischen Behörden wurden fünf Ortschaften von russischen Streitkräften befreit: Nowowasyliwka, Nowohryhoriwka, Nowa Kamjanka, Tryfoniwka und Krasne.
Doch die Eroberung der Stadt Cherson ist wohl noch nicht so bald zu erwarten. Die Einnahme würde den Ukrainern Schwierigkeiten bereiten, wie Wolfgang Richter (73), ehemaliger Oberst der deutschen Bundeswehr und heute Militärexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, gegenüber Blick sagt. Auch für einen grossen Angriff auf die Krim fehlen den Ukrainern die Kräfte, meint er.
Dennoch zeigen sich die ukrainischen Behörden optimistisch. «Wir setzen die Befreiung von Gebieten fort und drängen den Feind in der Region Cherson weiter zurück», berichtet Nataliya Gumenyuk (39), eine Sprecherin des ukrainischen Militärkommandos.
Gegenoffensive stösst auf Abwehr
Ähnlich siehts in der Region Luhansk aus. Während die gleichnamige Hauptstadt weiterhin unter der Kontrolle der Separatisten steht, konnten die Ukrainer am Sonntag neue Dörfer in der Region zurückerobern. Die Orte Nowoljubiwka, Newske, Nowojehoriwka, Nadija, Andrijiwka und Stelmachiwka sind wieder unter der ukrainischen Kontrolle. Das meldet der ukrainische Leiter von Luhansk, Serhij Hajdaj (46).
Aktuell versuchen die Truppen, nach Kreminna und Swatowe vorzurücken. Die Gegenoffensiven sind laut den Analysen von «Study of War» (ISW) in vollem Gange, das ukrainische Militär soll scheinbar östlich vom Fluss Oskil angreifen. Doch die Gegenoffensive stösst auf Abwehr der Russen. Diese haben eigenen Angaben zufolge die Ukrainer nördlich von Swatowe zurückdrängen können.
Und auch der Versuch der Ukrainer, den Fluss Scherebez, in der Nähe von Kreminna zu überqueren, sei nach russischen Angaben – die ISW zitiert – fehlgeschlagen.
Doch die Ukrainer geben nicht auf. Russische Militärblogger sind laut ISW überzeugt, dass das ukrainische Militär sich in der Nähe von Kupjansk befinde und dort neue Kräfte sammle. Serhij Hajdaj berichtet, dass das russische Militär weiterhin die Region vermint und dadurch die Gegenoffensive erschwert.
Russland versucht, Donezk zu verteidigen
Auch in Donezk gehen die Kämpfe weiter. Aktuell konzentriert sich das ukrainische Militär vor allem auf die Stadt Bachmut.
Bisher allerdings mit wenig Erfolg für die Ukraine, wie ISW schreibt. Russland möchte vermutlich eine weitere Niederlage in einem annektierten Gebiet vermeiden, wie es in der Stadt Lyman der Fall war.