Deutsche Virologin besorgt über Lockerungen
Dieser Corona-Sommer wird nicht so entspannt

Während die letzten beiden Corona-Sommer etwas Ruhe in das Infektionsgeschehen brachten, könnte das dieses Jahr anders aussehen. Für die deutsche Virologin Melanie Brinkmann ist klar: Durch die Lockerungen werden die Infektionszahlen steigen.
Publiziert: 29.03.2022 um 16:47 Uhr
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Die deutsche Virologin Melanie Brinkmann (48) warnt vor zu schnellen Lockerungen.
Foto: Keystone

Fast überall in Europa werden gerade die Corona-Massnahmen gelockert. Besonders das Ende der Maskenpflicht versetzt viele in einen Freudentaumel. Man könnte also meinen, Corona sei vorbei. Allerdings sind die täglich gemeldeten Ansteckungszahlen nach wie vor hoch.

Zumindest im Sommer war in den letzten zwei Jahren eine Entspannung der Corona-Situation zu beobachten. Doch dieser Sommer dürfte anders sein, vermutet die deutsche Virologin Melanie Brinkmann (48). «Wir werden nicht wie die letzten Sommer ganz niedrige Infektionsgeschehen haben. Und man wird – der eine mehr, der andere weniger – immer wieder Kontakt mit dem Virus haben», sagt sie zum «Spiegel».

Auch vor zu schnellen Lockerungsschritten warnt die Wissenschaftlerin. Besonders das Ende der Maskenpflicht, welche die deutsche Regierung kürzlich verkündet hat, macht ihr Sorgen. Brinkmann: «Das ist tatsächlich noch ein etwas früher Zeitpunkt. Ich hätte es für sinnvoll gehalten, gewisse Massnahmen noch aufrechtzuerhalten. Und dazu zählt ganz klar auch das Maskentragen.»

«Müssen weiterhin wachsam bleiben»

Auch wenn insbesondere Geimpfte von einer Ansteckung weniger zu befürchten haben, gibt es laut Brinkmann einige, «die sich noch nicht so entspannt zurücklehnen können». Dazu zählt sie ältere Menschen mit nachlassendem Immunschutz. Für sie dürfte der Sommer weniger entspannt werden.

Denn: Das Virus sitzt uns immer noch im Nacken. Brinkmann verweist auf Hongkong, wo die Omikron-Variante seit Wochen schon das Gesundheitswesen strapaziert. In Shanghai wurde sogar ein Lockdown verhängt. Im östlichen Stadtbezirk Pudong, zu dem ein Finanzdistrikt und der internationale Flughafen von Shanghai gehören, sind die Menschen aufgerufen, ihre Wohnungen bis Freitag nicht zu verlassen und sich auf das Coronavirus testen zu lassen. Ein solches Szenario macht dem deutschen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (58) zu schaffen. Er befürchtet, dass sich in China gerade eine riesige neue Welle ankündigt.

Ganz so dramatisch wie Lauterbach sieht Brinkmann die Situation allerdings nicht. Für sie besteht trotz allem viel Grund zu Optimismus. Sie warnt allerdings: «Wir müssen auch weiterhin wachsam bleiben und genau beobachten, wie sich das Infektionsgeschehen in der Bevölkerung und in anderen Teilen der Welt entwickelt.»

Auch in der Schweiz raten Experten zu Vorsicht

In der Schweiz ist die Situation ähnlich. Hierzulande sind die Massnahmen bereits im Februar fast gänzlich aufgehoben worden. Nun soll am 1. April auch noch die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr fallen. Es dürfte für viele eine Rückkehr zur Normalität bedeuten. Doch normal sieht anders aus. Denn genauso wie Deutschland ist auch die Schweiz von zunehmenden Infektionszahlen betroffen. Am Dienstag hat das BAG 14'393 neue Fälle vermeldet. Der Lichtblick: Die Impfung. Dadurch ist ein grosser Teil der Bevölkerung vor einem starken Verlauf geschützt.

Trotzdem raten Experten zu Vorsicht. «Allzu eilig sollten wir es trotz der guten Lage nicht haben. Die Aufhebung der Massnahmen heisst automatisch auch eine Zunahme des Infektionsgeschehens» sagt Patrick Mathys vom BAG zu SRF. (ced)


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