In spätestens einer Woche muss die Ukraine endlich einen Grosserfolg bei ihrer Gegenoffensive vermelden können. Sonst droht die Stimmung am Nato-Gipfel in Vilnius (Litauen) am 11. und 12. Juli zu kippen. Doch Wolodimir Selenskis (45) Truppen kommen nur äusserst schleppend vom Fleck. Hunderte Soldaten sterben bei den blutigen Grabenkämpfen entlang der Front jeden Tag.
Und die russischen Besatzer setzen mit zunehmendem Erfolg auf ihre laut ratternde Wunderwaffe: den Kampfhelikopter Kamow Ka-52, Spitzname «Alligator». Jeden Tag tauchen auf russischen Telegram-Kanälen neue Videos von erfolgreichen Kampfmissionen des 2700-PS-Rotorenmonstrums auf.
Hier ein amerikanischer Bradley-Schützenpanzer, den er in die Luft jagt, da eine Gruppe ukrainischer Soldaten, die er mitten in der Nacht auf einem Feld entdeckt und tötet, dort eine gepanzerte Fahrzeugkolonne, die er in Flammen aufgehen lässt. «Seit Beginn der ukrainischen Gegenoffensive kommen die Kampfhelikopter viel intensiver zum Einsatz», sagt der israelische Luftwaffenexperte Guy Plopsky gegenüber dem Fachportal «The War Zone».
Der Killer-Heli lässt Ukrainer verzweifeln
Das Fiese am russischen Killer-Kopter: Er kann seine Raketen aus bis zu zehn Kilometern Entfernung abfeuern und sie mit seinem integrierten Laserstrahl auf jedes erdenkliche Ziel in seinem Blickfeld lenken – bei Tag und bei Nacht. Damit liegt der Alligator ausserhalb der Reichweite der allermeisten ukrainischen Flugabwehrgeräte an der Front. Ein verzweifelter ukrainischer Soldat sagte gegenüber der «Bild»: «Wir haben nichts, um die russischen Helikopter in acht Kilometern Entfernung zu bekämpfen.»
Die Ukraine hat zwar zahlreiche Luftabwehrsysteme aus westlicher Produktion erhalten, setzt diese aber mehrheitlich zur Verteidigung ihrer Städte und ihrer Zivilbevölkerung ein. An mobilen Abwehrsystemen für die Front-Truppen fehlt es hingegen. Jene, die im Einsatz stehen, werden immer häufiger von russischen Drohnen entdeckt und attackiert, sobald sie ihr Radarsystem einschalten.
Der Alligator wird bald noch gefährlicher
Eine tödliche Lücke im ukrainischen Waffen-Arsenal, schreibt der Luftkriegs-Experte Thomas Newdick für «The War Zone»: «Wegen der fehlenden Luftabwehr an der Front entsteht eine Todeszone, in der der Alligator sicher agieren kann.» Nachdem die Ukraine zu Beginn des Krieges viele überfliegende Kampfhelis abgeschossen habe, nutzten Putins Helipiloten jetzt die für sie sichere Zone hinter den russischen Frontfestungen, um den Tod aus sicherer Distanz millimetergenau in die ukrainische Zone zu bringen.
Seit 2008 wird der 310-Stundenkilometer schnelle Killer-Heli in Russland seriell hergestellt. Und bald schon soll der Alligator mit einer neuartigen Rakete bestückt werden, die gar aus 15 Kilometern Entfernung abgefeuert werden könnte.
Das sind keine guten Neuigkeiten für die ukrainischen Truppen, die den militärischen Grosserfolg so dringend brauchen wie nie mehr seit der erfolgreichen Verteidigung der Hauptstadt Kiew ganz zu Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022.