Die Taliban haben einen Teil ihrer Übergangsregierung in Afghanistan bekanntgegeben. Demnach wird der wenig bekannte Mullah Mohammed Hassan Achund Premierminister, erklärte der Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid bei einer Pressekonferenz in Kabul am Dienstag.
Der aus Kandahar stammende Achund hielt bereits während der ersten Taliban-Herrschaft wichtige Posten und gilt als gemässigt. Laut Mudschahid handelt es sich um eine Übergangsregierung. Der Taliban-Sprecher machte jedoch keine Angaben dazu, wie lange diese Übergangszeit dauern wird.
Als terroristische Gruppierung eingestuft
Stellvertreter von Achund wird Taliban-Mitbegründer Abdul Ghani Baradar – der bisherige Vizechef der Taliban. Der Chef des Politbüros der Islamisten galt zuvor als aussichtsreichster Kandidat für den Posten als Premierminister. Er hatte 2020 das Abkommen mit den USA unterzeichnet, bei dem es unter anderem um das Ende des US-geführten Militäreinsatzes in Afghanistan ging.
Die beiden bisherigen Taliban-Vizechefs Mullah Jakub und Siradschuddin Hakkani werden Verteidigungsminister beziehungsweise Innenminister. Laut «CNN» handelt es sich bei Hakkani um den Sohn des Gründers des sogenannten Hakkani-Netzwerkes – eine Gruppierung die von den USA als terroristische Organisation eingestuft wird. Hakkani führt inzwischen selber das Netzwerk und wird von den USA mit einem Kopfgeld in siebenstelliger Höhe gesucht.
Wenig Wissen über Taliban
Die Ernennung von Achund zeige, «wie wenig wir im Westen über die Taliban wissen und ihre Entscheidungen voraussagen können», sagt der Afghanistan-Experte Thomas Ruttig von der Kabuler Denkfabrik Afghanistan Analysts Network. Vor der Bekanntgabe waren die allermeisten Beobachter davon ausgegangen, dass Mullah Baradar Premierminister wird.
Die Taliban hatten nach massiven militärischen Gebietsgewinnen Mitte August die Macht in Afghanistan übernommen. Der bisherige Präsident Aschraf Ghani war kurz davor aus dem Land geflohen. Seit ihrer Machtübernahme bemühen sich die Islamisten um eine gemässigtere Aussendarstellung als zu Zeiten ihrer Schreckensherrschaft zwischen 1996 und 2001. Es besteht dennoch weiter die Sorge, dass die militante Gruppe ihre Herrschaft auf Unterdrückung und drakonischen Strafen gründen könnte. (SDA/bra)