«Wir können unsere Unabhängigkeit ohne Russland nicht verteidigen»
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Lukaschenko bei Putin-Besuch:«Können Unabhängigkeit ohne Russland nicht verteidigen»

Das erste Mal seit Jahren
Warum besuchte Putin plötzlich Belarus?

Mitten im Krieg ist Wladimir Putin nach Belarus gereist, um sich mit Staatschef Alexander Lukaschenko zu treffen. Es ist der erste Besuch seit drei Jahren. Was steckt dahinter?
Publiziert: 20.12.2022 um 16:33 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2022 um 18:40 Uhr
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Hoher Besuch in Belarus: Voller Freude wurde Putin am Montag von Lukaschenko am Flughafen in Minsk empfangen.
Foto: imago/UPI Photo
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Johannes HilligRedaktor News

Alexander Lukaschenko (69) schien sein Glück kaum fassen zu können, als er Wladimir Putin (70) am Flughafen in Minsk in die Arme schloss. Der Kreml-Chef war am Montag nach Belarus gekommen. Ein besonderer Anlass.

Normalerweise kommt Lukaschenko nach Moskau. Putin war zuletzt vor drei Jahren in Belarus. Doch für ein Gespräch mit seinem Verbündeten stieg er extra ins Flugzeug. Aber warum gerade jetzt? Braucht Putin etwa Hilfe im Ukraine-Krieg? Was steckt hinter diesem Besuch?

Möglicherweise ist es der Beginn eines neuen Plans, Belarus einzuverleiben. Putins Annexionsszenario in der Ukraine ist gescheitert, nun versucht er, Belarus schleichend zu übernehmen», sagt Ulrich Schmid (57), Professor für Kultur und Gesellschaft Russlands an der Universität St. Gallen, zu Blick.

Lukaschenkos politisches Überleben hängt von Putins Gunst ab

Auf dem Papier existiert seit 1996 eine Staatenunion zwischen Belarus und Russland. Während Lukaschenko anfangs noch glaubte, dadurch an Macht zu gewinnen, wird er von Putin schrittweise dazu gezwungen, Souveränität abzugeben. Besonders seit den Massenprotesten im eigenen Land 2020 ist Lukaschenkos Macht massiv geschwächt worden.

Schmid zu Blick: «Sein politisches Überleben hängt von Putins Gunst ab.» Der Kreml-Chef hatte damals einen Schlägertrupp nach Belarus geschickt, um Lukaschenko bei den Unruhen zu helfen.

Das weiss offenbar auch Lukaschenko genau. «Russland schafft es auch ohne uns, aber wir nicht ohne sie», räumte er bei der Pressekonferenz nach dem Treffen mit Putin in Minsk ein. Allerdings sei Putins Autorität durch den prekären Kriegsverlauf in der Ukraine ebenfalls beschädigt, sagt Schmid. Lukaschenko scheint auf Zeit zu spielen und auf eine Ära nach Putin zu spekulieren.

Daher weigert er sich auch bislang, Russland beim Krieg zu unterstützen. Lukaschenko hat wiederholt versichert, dass er keine Truppen in die Ukraine entsenden will. Als Russland und Belarus Mitte Oktober die Gründung einer gemeinsamen Militäreinheit ankündigten, betonte er, diese solle rein «defensiven» Zwecken dienen.

«Es gibt erheblichen Druck aus dem Kreml»

Schon vor Beginn des russischen Einmarschs am 24. Februar in die Ukraine hielt Moskau in Belarus Militärübungen ab, zu Beginn der Offensive drangen sogar Putins Truppen von belarussischem Gebiet aus in das Nachbarland ein. Kiew hat seitdem seine Verteidigung an seiner Nordgrenze zu Belarus und Russland verstärkt.

Die ukrainische Regierung hatte zuletzt die Befürchtung geäussert, dass es in den ersten Monaten 2023 eine russische Offensive auf Kiew von belarussischem Gebiet aus geben könnte, nachdem Belarus im Oktober die Aufstellung eines gemeinsamen Militärverbundes mit Russland bekannt gegeben hatte. Dafür sollen Tausende russische Soldaten in Belarus stationiert werden.

Dass Lukaschenko seine Meinung plötzlich ändern könnte, glaubt Schmid aber nicht. «Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Belarus aktiv in den Krieg eintritt. Es gibt zwar erheblichen Druck aus dem Kreml. Aber sowohl in der belarussischen Bevölkerung als auch in der belarussischen Armee ist Russlands Krieg in der Ukraine höchst unpopulär.» Putin wisse auch, dass er den Bogen nicht überspannen darf, wenn er nach der Ukraine nicht auch noch Belarus verlieren will.

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