Chinas Ablehnung von neuer Covid-Untersuchung der WHO alarmiert Experten
«Das Virus gewinnt»

Die WHO fordert erneut Zugang zu China, um die Ursprünge des Coronavirus zu erforschen. Das soll im Kampf gegen diese und nächste Pandemien helfen. China stellt auf stur – bemüht, mögliche negative Enthüllungen über die Ursprünge von Covid-19 zu unterdrücken.
Publiziert: 26.07.2021 um 03:47 Uhr
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Aktualisiert: 26.07.2021 um 15:19 Uhr
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WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus rennt gegen verschlossene chinesische Türen an.
Foto: AFP

Experten fordern eine vollständige Untersuchung innerhalb Chinas, um dem Ursprung des Coronavirus auf die Spur zu kommen, das rund um den Erdball verheerende Folgen nach sich zieht. Peking aber verweigert internationalen Wissenschaftlern den Zugang zu Wuhan, wo Ende 2019 der erste grosse Ausbruch der Covid-19-Pandemie erfolgte. Pekings starre Haltung schürt den Verdacht, dass die chinesische Regierung Spuren zu vertuschen versucht, dass das Virus irrtümlich aus einem Labor entwichen oder sogar absichtlich konstruiert worden sein könnte.

Jetzt warnen führende US-Infektiologen, dass China der Welt wichtige Daten vorenthält. Diese werden benötigt, um zukünftige Pandemien rechtzeitig zu erkennen und abzuwehren. Doch China erlaubt keine weiteren Covid-19-Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Land. China lehnt eine WHO-Untersuchung im Land kategorisch ab. Im Juni erklärte das Aussenministerium, Covid-19 «hat mehrere Ursprünge und ist an mehreren Orten ausgebrochen».

Chinas Vize-Gesundheitsminister Zeng Yixin legte vergangene Woche nach, es gebe kein «sogenanntes menschengemachtes Virus». Er nannte sich «äusserst überrascht», dass die internationale Weltgemeinschaft weitere Untersuchungen in China fordert. Zeng warf der WHO eine «Missachtung des gesunden Menschenverstandes und eine Arroganz gegenüber der Wissenschaft» vor.

Wuhan im Visier

Experten sind beunruhigt: «Wir hatten bereits zwei Coronavirus-Pandemien, die von China ausgingen, und es ist wahrscheinlicher, dass wir eine weitere Coronavirus-Pandemie haben werden, die von China ausgeht.» Das sagte Peter Hotez, Wissenschaftler in den Bereichen Vakzinologie und Tropenkrankheiten in Housten, zu «Politico». Eine Untersuchung in China sei daher die «beste Chance, um herauszufinden, wie dieses Virus aus Fledermäusen in den Menschen gelangt. Das können wir nicht tun, ohne nach China zu gehen. Es gibt keine Möglichkeit, der Sache aus 8000 Kilometern Entfernung auf den Grund zu gehen.»

Doch auch Forderungen von WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus (56), nach einer ersten Forschungsreise von WHO-Experten im Januar eine weitere Reise zuzulassen, stossen in China auf taube Ohren. Diese erste Reise war von den Chinesen anfänglich blockiert und danach behindert worden. China habe keinen Zugang zu «relevanten Laboren und Forschungseinrichtungen» gewährt, so Tedros – ein verschleierter Hinweis auf das umstrittene Wuhan Institut of Virology, das die ersten menschlichen Covid-Fälle im Dezember 2019 identifizierte. Berichten zufolge erkrankten auch Laborangestellte am Virus.

«Ein Kampf, den das Virus gewinnt»

Chinas Blockade sei ungerechtfertigt, sagt auch der US-Epidemiologe Michael Osterholm, Direktor des Zentrums für Infektionskrankheiten, Forschung und Politik an der Universität von Minnesota. Die Anfrage der WHO sei «vollkommen vernünftig». Chinas Ablehnung einer Untersuchung heize im Gegenteil verschwörerische Spekulationen an, wie das Virus in China entstanden sei: «Es lässt die Leute vermuten, dass es sich um ein von Menschenhand geschaffenes Virus mit einer absichtlichen Freisetzung handelt.»

«Wir befinden uns in einem Kampf, den das Virus gewinnt», sagt Chris Beyrer, Professor für Epidemiologie an der Johns Hopkins Bloomberg School für öffentliche Gesundheit in Baltimore, Maryland. Chinas Haltung sei «sehr problematisch». Um diese Pandemie zu bekämpfen und zukünftige Pandemien zu verhindern, müsse man wissen, wie das Virus entstanden sei. Nur so könne man erfahren, wie sich das Virus «so vollständig an die Ausbreitung von Mensch zu Mensch angepasst» habe. (kes)

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