«Ich bin panisch und frage mich, ob ich Benzin finde»
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Tankstellen-Chaos:«Ich bin panisch und frage mich, ob ich Benzin finde»

Bernerin (30) sitzt in Frankreich fest
«Wir fahren täglich fünf Tankstellen an – keine Chance!»

Frankreich geht der Sprit aus. Im ganzen Land können die Menschen nicht mehr tanken, da viele Tankstellen wegen Streiks der Raffinerie-Mitarbeiter kein Benzin mehr haben. So ergeht es auch zwei Blick-Lesern, die momentan in Frankreich festsitzen.
Publiziert: 12.10.2022 um 19:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2022 um 14:13 Uhr
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Frankreich, wie hier in Paris, leidet momentan an einem Benzin-Mangel.
Foto: imago/IP3press
Lena Heimhalt

Eigentlich wollte sie mit ihrer Familie längst wieder in der Schweiz sein, doch die Frankreichferien von Blick-Leserin Anna P.* (30) aus dem Kanton Bern verlängern sich momentan – unfreiwillig. Seit Sonntag steckt die Familie im Pariser Vorort Saint-Georges fest, denn die Zapfhähne der französischen Tankstellen liefern kein Benzin mehr.

Seit mehreren Tagen stehen an den französischen Tankstellen Schilder, die «kein Benzin mehr» verkünden. Besonders stark betroffen ist die Hauptstadtregion Paris, Nordfrankreich und inzwischen auch der Westen des Landes. An vereinzelten Tankstellen wurde die Abgabemenge für private Autofahrer auf 30 Liter beschränkt. Vor den Zapfsäulen herrscht ein Andrang und Kampf um den letzten Tropfen Treibstoff. Auch P. sucht seit Tagen nach Benzin – doch bislang nur mit wenig Erfolg.

Riesenstau vor Tankstelle auf der Autobahn
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In Saint-Georges vor Paris:Riesenstau vor Tankstelle auf der Autobahn

«Wir fahren täglich Tankstellen ab, doch alle haben kein Benzin mehr»

«Eigentlich wollten wir am Samstag abreisen», erzählt P. gegenüber Blick. «Jetzt fahren wir täglich etwa fünf Tankstellen an – aber keine Chance.» Teilweise sei die Familie sogar über 30 Kilometer gefahren, um dann doch wieder enttäuscht zu werden. «Mittlerweile ist unsere Tankfüllung aber so niedrig, dass wir nicht einfach mehr von Tankstelle zu Tankstelle fahren können», sagt sie. Deswegen versuchen sie nun, mit einem Elektroauto der Gastgeber ihrer Unterkunft wenigstens einen Kanister aufzufüllen. Der direkte Verkauf von Benzin in Kanistern ist in Frankreich verboten.

Leserin filmt Riesenstau vor französischer Tankstelle

P. ist nicht die einzige Schweizerin, die Frankreich nicht mit dem Auto verlassen kann. Auch Blick-Leser Baris Rimensberger sitzt in Paris mit seinem Auto auf dem Trockenen. «Gestern bin ich zwei Stunden lang herumgefahren», sagt er am Mittwoch zu Blick. «Doch viele Tankstellen waren geschlossen und ich musste mein Auto irgendwo parkieren. Heute suche ich wieder nach Benzin.»

Die Menschen sind wütend und verzweifelt

So wie Anna P. und Baris Rimensberger geht es momentan auch Millionen Franzosen. Um Benzin zu sparen, bilden sie Fahrgemeinschaften und holen ihren Taschenrechner heraus: «Ich habe 200 Kilometer Reichweite in meinem Tank, der Tank meines Kollegen ist zu drei Vierteln voll. Für eineinhalb Wochen sind wir sicher. Aber danach?», sagt Pflegehelfer John Bertamini zu «La Montagne».

P. beschreibt das Land als in zwei Lager gespalten: Auf der einen Seite befänden sich diejenigen, die die Lage akzeptieren. Auf der anderen Seite gäbe es Menschen, die «absolut kein Verständnis haben und bei denen sich langsam aber sicher Frust und Ärger entwickelt», beschreibt sie. «Viele werden dünnhäutig und reagieren auf jeden Zentimeter, den man auf der Zielgeraden zur Tankstelle an ihnen vorbeifahren könnte.»

Frankreichs Regierung reisst der Geduldsfaden

Grund für die anhaltenden Engpässe vor den Tankstellen sind Streiks der Mitarbeiter in den grossen Raffinerien Frankreichs. Seit Ende September stehen die beiden grossen Anlagen des amerikanischen Mineralölkonzerns Exxon-Mobil und die Hälfte der Anlagen des Energiekonzerns Totalenergies (zuvor Total) still. Die Raffinerien sind eine Hochburg der als radikal eingestuften Gewerkschaft CGT. Sie fordert angesichts der jüngsten Milliardengewinne von Totalenergies eine Lohnerhöhung. Der Konzern weigert sich, diese zu zahlen.

Die anhaltende Lage an der Zapfsäulen nagt auch am Geduldsfaden der französischen Regierung. «Die Lage für unsere Landsleute ist schwierig und in einigen Landesteilen unzumutbar», sagte Premierministerin Elisabeth Borne (61). Am Dienstag verkündete die Regierungschefin, Beschäftigte zu Notdiensten zu verpflichten. So wolle sie die Blockade brechen.

Anna P. hofft jedenfalls, dass sich die Versprechen der Politik erfüllen und gegen Ende der Woche eine Besserung in Sicht ist. «Am Montag muss unser Sohn wieder in die Schule und auch der Hund erwartet uns», sagt die Bernerin. «Bis dahin suchen wir weiter Benzin. Wenn wir nichts finden, müssen wir eben doch fliegen.»

Ihr Auto würde sie so lange in der Gast-Unterkunft in Frankreich lassen und es zu einem späteren Zeitpunkt – wenn der Treibstoff wieder vorhanden ist – abholen. Doch nun die gute Nachricht: Ihre Unterkunft habe zwei Kanister voll mit Benzin organisiert. «Bald können wir heim!», freut sich die Bernerin.

* Name geändert

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