Funktionieren die Sanktionen gegen Russland? Diese Frage wirft eine brisante, auf Zolldaten basierende Auswertung des russischen Magazins «Verstka» auf. Während etwa die Luftfahrt unbestreitbare Schwierigkeiten mit den Strafmassnahmen von EU und USA hat, hat ein anderer Sektor offenbar kaum Probleme. Gemeint sind Luxusautos. Trotz der im März 2022 verhängten Sanktionen kommen laut «Verstka» weiterhin jede Menge der teuren Karossen nach Russland.
Seit März 2022 sollen bis heute insgesamt 1319 Luxusautos im Gesamtwert von umgerechnet 207 Millionen Franken nach Russland gelangt sein. Das unabhängige russische Nachrichtenportal listet zwölf Unternehmen auf, deren Protzfahrzeuge im Wert von mindestens 90'000 Franken in das Reich von Kremlchef Wladimir Putin (71) gelangten. Der Favorit der Russen scheint dabei die Marke Land Rover zu sein.
Autos kommen über Drittländer
Seit Einführung der Sanktionen haben mindestens 551 Fahrzeuge des auf Geländewagen spezialisierten britischen Automobilherstellers die Grenze passiert. Es folgen die deutschen Hersteller Mercedes-Benz mit 226 Autos und Porsche mit 177 Wagen. Darüber hinaus wurden in den 19 sanktionierten Monaten mindestens 104 BMWs, 99 Audis, 97 Toyotas, 9 Cadillacs, 7 Rolls-Royces, 6 Jeeps und ein Maserati importiert.
Damit nicht genug: Es kamen auch noch 32 Lamborghinis und 10 Ferraris ins Land. Das teuerste importierte Auto war ein 800 PS-starker Ferrari 812 Competizione im Wert von rund 560'000 Franken.
Doch wie kommen diese Fahrzeuge überhaupt nach Russland? Laut «Verstka» werden die Autos hauptsächlich über Zwischenhändler in Drittstaaten importiert. Sehr oft, so die Untersuchung des Portals, handelt es sich dabei um Unternehmen mit Sitz in Kirgistan, der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Belarus.
Heimische Marken für Normalbürger
Die Zolldaten belegen eine zunehmende Effizienz bei der Umgehung der Sanktionen. In den ersten neuneinhalb Monaten nach Einführung der Verbote im Zeitraum von März 2022 bis Ende 2022 kamen nur 378 Luxusfahrzeuge in Russland an. Mit Beginn des Jahres 2023 wuchs der Zustrom wieder an und von Januar bis Oktober waren es mindestens 941 Edel-Autos.
Nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine stellten viele Automobilkonzerne nicht nur den Export nach Russland ein, sondern legten zudem ihre Produktionsstätten im Land still. So tat es etwa der französische Automobilhersteller Renault. 45'000 Mitarbeiter waren auf einen Schlag arbeitslos. Wer es sich nicht leisten kann, eine Nobelkarosse zu importieren, muss auf heimische Marken umsteigen.