Was jetzt kommt, ist so abgefahren, dass einem schwindlig wird: Brigitte Macron (71) sei eigentlich ein Mann.
Sie sei nicht Mutter ihrer drei Kinder – heute zwischen 40 und 49 Jahre alt – sondern deren Vater. Geboren sei sie als Jean-Michel, habe sich dann aber nach der Geburt der Kinder zur Frau operieren lassen. Ihren späteren Mann, Emmanuel Macron (46), habe sie verführt – er war 17, sie 42, als sie sich kennengelernt hätten. Dieser sei aber homosexuell, habe ein Verhältnis mit einem der grossen Verleger Frankreichs und sei durch eine Verschwörung Präsident Frankreichs geworden. Klar, dass er heute von Eliten gesteuert werde, die nichts anderes im Sinn hätten als den Austausch der Bevölkerung.
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Es ist leider kein Witz, dass diese absurden Geschichten seit rund fünf Jahren im Netz zirkulieren. Und leider ist es auch kein Witz, dass bereits Millionen daran glauben. Die französische Journalistin Emmanuelle Anizon hat sich nun in die Höhle der Falschspieler gewagt und ihre Recherche im Buch («L'affaire Madame», nur auf Französisch) minutiös aufgearbeitet.
Selber Opfer von Shitstorms
Eine der Urheberinnen ist die Natacha Rey (53), die mit eigenen «Nachforschungen» und mit obskuren «Informationen» angebliche «Beweise» gefunden hat. Die Sozialhilfe-Empfängerin verbringt seit mehr als zwei Jahren ihre Zeit damit, Unwahrheiten zu verbreiten. Ihre grosse Stunde hat sie, als sie ihre «Theorie» in einer Youtube-Sendung einer Wahrsagerin zum Besten gibt und es so zu einiger Prominenz in Kreisen der Verschwörungsgläubigen bringt. Sie geniesst den Ruhm, besorgt sich via Crowdfunding Geld, um in der Heimatstadt von Brigitte Macron nach Belegen zu suchen und weiter an der obskuren Geschichte zu drehen.
Doch bald schon fällt ihr alles auf die eigenen Füsse: Nach ihrem Auftritt bilden sich ganz Heerscharen von «Brigittologen», die ebenfalls ins Rampenlicht drängen. Rey wird nun selber Opfer eines Shitstorms. Sie sei eine ehemalige Prostituierte, sei die Geliebte eines Schweizer Financiers, habe das Geld des Crowdfunding unredlich verwendet. Sie leidet. Doch das führt nicht zur Erkenntnis, sich selber zu hinterfragen, sondern gleich zur nächsten Verschwörungstheorie: Das System wolle sie fertigmachen, der Deep State, der geheime Staat, zeige seine Fratze.
Umstürzler und Rechtsextreme
Und damit lichtet sich der Nebel dieser ganzen Geschichte etwas: Die Verbreiter der Verleumdungen gegen Brigitte Macron wollen nicht nur sie, sondern den Staat treffen. Journalistin Anizon stellt fest, dass viele Beteiligte zur extremen Rechten gehören. Sie haben an den gewaltsamen Protesten der «Gilets jaune» teilgenommen, sind Corona-Skeptiker und Impfgegner. Dank sozialer Medien und Internet sind diese Kreise weltweit gut vernetzt. So tauchen die Lügengeschichten um Brigitte Macron seit ein paar Tagen auch in den USA in den Reihen der Alt-Right-Bewegung auf.
«Die Affäre um Brigitte Macron zeigt die Haltung der extremen Rechten mit Fokus auf Sexualität und Gender. Häufig geht das zusammen mit Judenhass und Ausländerfeindlichkeit», erklärt Pascal Wagner-Egger, Sozialpsychologe und Experte für Verschwörungstheorien an der Universität Freiburg.
Brigitte Macron ist nicht die Erste, die mit der erfundenen Geschichte einer Geschlechtsumwandlung angegriffen wird: In den USA wurde bereits Michelle Obama so attackiert.
Prozess soll Affäre stoppen
Brigitte Macron hatte sich bereits vor zwei Jahren mit einer Klage gegen die Anwürfe gewehrt. Der Fall ist kompliziert, die Urheber sind zahlreich. Präsident Macron hat sich im März erstmals dazu geäussert: «Das Schlimmste sind die falschen Anschuldigungen und die erfundenen Szenarien, und dass die Menschen daran glauben. Es verletzt und trifft einen in seinem Innersten.» Die Gerichte haben, weil die Affäre immer erschreckendere Ausmasse annimmt, den für 2025 geplanten Prozess auf Juni 2024 vorverschoben.
Aber wie auch immer ein Urteil ausfallen wird: Das Gift hat sich verbreitet und ist tief ins Netz der Umstürzler eingedrungen. Da lässt es sich nie mehr entfernen. Und was macht Brigitte Macron? Sie lächelt tapfer die Affäre weg. Und besuchte kürzlich Lily Collins, die Hauptdarstellerin der Netflix-Erfolgsserie «Emily in Paris» auf dem Set. Es wird gemunkelt, dass Frankreichs Präsidentengattin in der 4. Staffel einen Auftritt hat.