Borrell nennt möglichen Sieg Russlands eine Bedrohung für Europa
EU-Vizechef befürchtet eine Niederlage der Ukraine

Der Ukraine-Konflikt werde zur Schicksalsfrage für Europa, warnt der EU-Chefdiplomat Josep Borrell. Er befürchtet eine Niederlage der Ukraine, wenn es nicht zu einem schnellen Kurswechsel komme. Einen Sieg Moskaus nennt Borrell eine «Bedrohung – insbesondere für uns».
Publiziert: 25.12.2023 um 02:10 Uhr
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Aktualisiert: 25.12.2023 um 08:24 Uhr
EU-Chefdiplomat Josep Borrell warnt vor einem möglichen Sieg Russlands Krieg mit der Ukraine. Eine Niederlage Kiews würde eine Gefahr für Europa bedeuten.
Foto: DUKAS

Josep Borrell (76), Vizepräsident der Europäischen Kommission, warnt, dass in der Ukraine die Existenz der Europäischen Union auf dem Spiel stehe. Russland werde den Krieg in der Ukraine gewinnen, wenn die EU nicht alle ihre Kräfte mobilisiere, sagte Borrell der britischen Zeitung «The Guardian». «Vielleicht ist dies der Moment, in dem wir die Gefahr sehen müssen, die von einer Grossmacht ausgeht, die unsere Demokratie bedroht, die Europa selbst bedroht, nicht nur die Ukraine. Und wenn wir unseren Kurs nicht schnell ändern, wenn wir nicht alle unsere Kapazitäten mobilisieren, dann wird Putin den Krieg in der Ukraine gewinnen können.»

Borrell stellt eine Schicksalsfrage, ohne sie klar beantworten zu können: «Das Wichtigste ist, was wir tun können, um zu verhindern, dass Russland den Krieg gewinnt», so der Chef der EU-Aussen- und Sicherheitspolitik. «Was sind wir bereit zu tun? Sind wir wirklich bereit, alles zu tun, was nötig ist?»

«Russland hat es nie geschafft, eine Nation zu werden»

Der russische Präsident Wladimir Putin (71) könne sich «nicht mit einem Stück der Ukraine zufriedengeben und den Rest der Ukraine der Europäischen Union überlassen, aber er kann sich auch nicht mit einem begrenzten territorialen Sieg zufriedengeben. Er wird den Krieg nicht aufgeben. Wir müssen uns also auf einen langen Konflikt mit hoher Intensität einstellen.» Und das werde zur Bedrohung für Europa.

«Putin hat beschlossen, den Krieg bis zum Endsieg fortzusetzen», sagt der Spanier. «Der Erfolg Russlands hängt davon ab, so viele Menschen wie möglich auf das Schlachtfeld zu bringen. Sie haben zurzeit die grösste Zahl von Toten, von Verletzten auf dem Schlachtfeld» – und die grösseren menschlichen Reserven: «Im Februar waren 150'000 Soldaten an der ukrainischen Grenze versammelt. Jetzt sind es 450'000, also dreimal so viele.»

Trotz der grossen eigenen Opfer sei Putin «noch immer da und immer noch bereit, zu kämpfen, sein Volk sterben zu lassen». Putin lasse seine Armee und sein Volk leiden. Russland habe es noch heute nicht geschafft, mit seiner dunklen Geschichte zu brechen. Borrell: «Russland hat es nie geschafft, eine Nation zu werden. Es war immer ein Imperium, mit dem Zaren, mit den Sowjets und jetzt mit Putin. Er ist eine Konstante Russlands und seiner politischen Identität – und damit eine Bedrohung für seine Nachbarn. Und insbesondere für uns.» (kes)

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