«Borniert» und «machtbesessen»
Ex-Geheimdienstkollege packt über Putin aus

Bevor Wladimir Putin Präsident wurde, arbeitete er jahrelang als Spion. Laut eines Ex-Kollegen war er damals schon auffällig. Laut dem Geheimdienst habe der jetzige Kreml-Chef ein psychisches Problem.
Publiziert: 04.06.2022 um 17:11 Uhr
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Aktualisiert: 05.06.2022 um 13:40 Uhr
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Sergei Schirnow, ein Ex-Geheimdienstkollege von Putin (Bild), packt über den russischen Präsidenten aus.
Foto: keystone-sda.ch

Dank seiner Französischkenntnisse absolvierte Sergei Schirnow (61) im Jahr 1984 die Ausbildung zum sowjetischen Spion. Während seiner Zeit im Geheimdienst KGB traf Schirnow mehrmals auf Wladimir Putin (69). Zunächst aber erst als Verdächtiger. «Ich arbeitete 1980 als Freiwilliger für die Telefon-Auskunft der Olympischen Spiele von Moskau. Mit einem Franzosen sprach ich stundenlang am Draht», erinnert sich der Russe im Gespräch mit «CH Media». «Das kam dem KGB suspekt vor, und einer seiner Agenten überführte mich in die Lubjanka, den berüchtigten KGB-Sitz.»

Und dieser Agent war Wladimir Putin. «Er hörte mir nicht einmal zu, sondern wollte mich partout als Systemfeind entlarven», berichtet Schirnow. «Er genoss seine Macht, mit der er mir Angst zu machen versuchte.» Im Verhör liess Putin erst von Schirnow ab, als dieser angab, einen Enkel des damaligen Politikers Leonid Breschnew (1906–1982) zu kennen.

Laut des Ex-Spions sei der heutige Kreml-Chef schon damals «absolut borniert» gewesen. Diese Engstirnigkeit habe er bis heute nicht abgelegt. Das zeige sich auch im Ukraine-Krieg. «Putin sagt, er wolle die Ukraine ‹entnazifizieren›. Bloss gibt es in Russland zehnmal mehr Neonazis.»

Putin war Risiko für Geheimdienst

Später wurde Schirnow dann selbst in den Geheimdienst einberufen. 1984 traf er erneut auf Putin. Er habe aber nur kurze Zeit mit ihm verbracht. Offenbar war für den KGB aber damals schon klar, dass mit dem heutigen Kreml-Chef etwas nicht ganz stimmt.

In einem Bericht soll festgehalten worden sein, dass Putin ein psychologisches Problem habe. Konkret: «Für Gefahren habe er kein Gefühl; das berge Risiken für ihn selbst, aber auch für den KGB.» Putin könne «die Folgen seiner Entscheide und Akte nicht abzuschätzen», wurde im Bericht laut Schirnow geschrieben.

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Der heutige Staatspräsident wurde daraufhin in die DDR geschickt. «In Wirklichkeit war die DDR-Provinz für Sowjetagenten ein Abstellgleis», erklärt Schirnow. Putin agierte dort sogar unter richtigem Namen. «Damit war seine Karriere als unerkannter Spion gescheitert.»

«Das Land führt er wie ein Politbüro»

Nichtsdestotrotz brachte es Putin zum Staatschef. Sergei Schirnow ist sich aber sicher: «Putin ist nie wirklich ein Staatschef geworden, der wie der Ukrainer Wolodimir Selenski (44) sein Land und sein Volk hinter sich geschart hat.»

«Das Land führt er wie ein Politbüro, mit engsten Vertrauten, darunter Ex-Agenten und Leibwächter», erklärt der Ex-Spion weiter. «Diese Leute infiltrieren die Politik, so wie der KGB früher andere Länder infiltrierte. Demokratisch ist das nicht.»

Nach einiger Zeit im KGB wollte Schirnow aus dem Geheimdienst austreten. Aus Sicherheitsgründen tat er dies erst, als Präsident Michail Gorbatschow (91) die Auflösung des KBG anordnete.

«Ich lag schon fast im Sterben»

2001 wurde Sergei Schirnow Opfer eines Anschlags. «Der Geheimdienst wollte, dass ich ihm wieder beitrete, aber ich war nicht bereit dazu und tat das auch kund», berichtet Schirnow. Das passte dem Geheimdienst offenbar gar nicht, und es kam zur Gift-Attacke.

«Ich verlor massiv an Gewicht, hatte nachts 40 Grad Fieber, lag schon fast im Sterben – doch die Ärzte fanden nichts.»

Seit dem Anschlag lebt Sergei Schirnow in Paris, wo er politisches Asyl erhalten hat. Heute schreibt er Bücher und tritt im Fernsehen auf. Damit will er die Welt vor seinem ehemaligen Kollegen Wladimir Putin warnen und am Leben bleiben. «Wenn du überleben willst, bleibe im Licht.» (obf)

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