Es hat lange gedauert, aber Deutschland unterstützt die Ukraine im Kampf gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin (69). «Wir haben aus den Beständen der Bundeswehr Panzerabwehrwaffen, Flugabwehrgeräte, Munition, Fahrzeuge und viel Material geliefert», erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (63) im Interview mit dem «Spiegel». Nur was schwere Waffen angeht, wie zum Beispiel Panzer, zögert er. Und wird dafür gerade heftig kritisiert.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (64), warnte vor einer falschen Rücksichtnahme auf den russischen Präsidenten beim Thema Waffen- und Panzerlieferungen. «Wir dürfen uns nicht ständig von militärischen Szenarien beeinflussen lassen», sagte sie dem «Tagesspiegel». Das Völkerrecht erlaube es, einem überfallenen Land beizustehen und Material zu liefern.
Und gerade jetzt wird bekannt: Deutschland hat Russland mit Waffen im Wert von umgerechnet 282 Millionen Franken versorgt. Darunter Bomben, Raketen, Flugkörper und Gewehre, wie «The Telegraph» berichtet. Dabei ist das eigentlich gar nicht möglich. Denn: Seit der Annexion der Krim durch Russland hat die EU ein Waffen-Embargo für Russland verhängt. Allerdings gab es dabei ein Schlupfloch, das hauptsächlich deutsche Firmen ausnutzten.
«Wir müssen analysieren, wie es dazu kommen konnte»
Inzwischen ist diese Lücke geschlossen. Doch die Waffen sind bereits in Russland. Die deutsche Regierung verteidigte den Verkauf damit, dass der Kreml schliesslich garantiert hätte, dass die Waffen nicht für militärische Zwecke eingesetzt werden würden. «Wenn es Hinweise auf eine militärische Nutzung gegeben hätte, wären die Ausfuhrgenehmigungen nicht erteilt worden», erklärte ein Sprecher des deutschen Wirtschaftsministeriums der britischen Zeitung.
Das Problem: Eine wirkliche Garantie gibt es nicht. Im Gegenteil: Vermutlich werden die gelieferten Waffen gerade jetzt im Ukraine-Krieg eingesetzt.
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Gleichzeitig hat CDU-Chef Friedrich Merz (66) eine Aufarbeitung der Russland-Politik seiner Partei angekündigt. «Die gesamte deutsche Aussen- und Sicherheitspolitik der letzten 20 Jahre steht vor einem Scherbenhaufen», sagte Merz der «Bild am Sonntag». «Wenn dieser Krieg vorüber ist, müssen wir sorgfältig analysieren, wie es dazu kommen konnte.»
«Alle Verteidigungsminister der letzten 20 Jahre haben bei Ausrüstung und Zustand der Truppe falsche Entscheidungen getroffen», sagte er weiter. «Das waren schwere Versäumnisse, auch innerhalb der Union.»
«Ukraine schreit verzweifelt nach Waffen»
Auch Frankreich nutzte das Schlupfloch und versorgte Putins Militär mit Ausrüstung. Darunter Wärmebildkameras für mehr als 1000 russische Panzer sowie Navigationssysteme für Kampfjets und Kampfhubschrauber. Die französische Regierung hat sich bislang nicht dazu geäussert.
Der rumänische Europaabgeordnete Cristian Terhes (43) zeigt sich empört über das Umgehen des Embargos: «Während die Ukraine verzweifelt nach Waffen schreit, um sich gegen Putins Invasion zu verteidigen, schweigen Deutschland und Frankreich, waren aber noch so froh, ihre Waren still und schändlich an Moskau zu verkaufen», wird er vom «Telegraph» zitiert.
Allerdings nutzten nicht nur Deutschland und Frankreich das Schlupfloch aus. Auch Italien und Grossbritannien lieferten Waffen nach Russland. Allerdings nicht in dem grossen Stil wie die Deutschen und Franzosen. (jmh/AFP)