Um seine Propaganda zu verbreiten, setzt der russische Präsident Wladimir Putin (69) bewusst auf – zum Teil junge und attraktive – Frauen. Darja Dugina (†29), Tochter des Ultranationalisten Alexander Dugin (60) war eine von ihnen. Am 20. August wurde sie von einer Autobombe getötet. Die Hintergründe zu dem Anschlag sind weiterhin unklar.
Frauen als Propagandisten einzusetzen, habe in Russland Tradition, erklärt Ulrich Schmid (56), Russland-Experte an der Uni St. Gallen, zu Blick. «Den grössten Einfluss hat sicher die Sprecherin des russischen Aussenministeriums Marija Sacharowa (46), die seit 2015 im Amt ist. Sie vertritt auf aggressive Weise die Position des Kremls und ist auch intensiv auf den sozialen Medien präsent.»
Das bestätigt auch Olga Lautman, Senior Fellow am Center for European Policy Analysis in Washington. Gegenüber CNN sagte sie, dass Sacharowa häufig scharfe Erklärungen abgebe, in denen sie westliche Länder angreife. «Hier haben wir eine jüngere Frau, die es mit den westlichen Mächten aufnimmt und sich nicht scheut, sie herauszufordern.»
Frauen sprechen Junge an
Die Russen wollten sicherstellen, dass die Botschaften bei allen landeten. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow (72) spreche die älteren Männer seiner Generation an. Die Russen hätten jeweils jemanden für jedes Publikum. «Und Sacharowa als Pressesekretärin zu haben, ist stark», so Lautman.
Laut ihr ist es kein Zufall, dass sich Frauen an den Frontlinien des globalen Informationskriegs wiederfinden. «Frauen sprechen generell ein grösseres Publikum an. Sie sind entwaffnender und können sich auch mit der jüngeren Bevölkerung identifizieren.»
Viele TV-Sendungen, in denen es um Propaganda gehe, würden daher von Frauen moderiert, sagt Lautman. Sie verweist auf Margarita Simonjan (42), Chefredaktorin des staatlichen Senders RT, ehemals Russia Today, der in mehreren westlichen Ländern inzwischen wegen Propaganda und Desinformation verboten ist. Nach Duginas Tod hatte die Moderatorin dazu aufgerufen, «Entscheidungszentren» in der Ukraine anzugreifen.
Im «Time»-Magazin erzählte Simonjan 2015, dass auf ihrem Tisch ein gelbes Telefon mit direkter Leitung zum Kreml stehe, an dem sie «geheime Dinge» bespreche.
Aufruf zur Eskalation
In die gleiche Kerbe schlägt Olga Skabejewa (37). Sie ruft regelmässig zu einer Eskalation der russischen Angriffe in der Ukraine auf und verlangt von Moskau, «auch die gesamte Nato zu entmilitarisieren».
Bei anderer Gelegenheit sagte sie laut CNN, dass die Zunahme der LGBTQ+-Bevölkerung im Westen dazu führen würde, dass die «Menschen im Westen aussterben», da sie sich nicht mehr fortpflanzten. Deshalb müsse Russland «auch Transfaschisten entnazifizieren». Und als die Hitze Europa in den vergangenen Wochen in Griff hielt, sagte sie: «Die Natur ist auf Russlands Seite.»
Zu Putins Propagandistinnen gehört auch Maria Katasonova (26), eine Content-Erstellerin, die eine Online-Bewegung «Frauen für Marine» ins Leben rief und mit der französischen Rechtsextremistin Marine Le Pen (54) zusammenspannte.
Manga-Figuren angefertigt
Nach der Annexion der Krim war die ehemalige ukrainische Staatsanwältin Natalja Poklonskaja (42) prominent als Propagandistin aufgetreten. Wegen ihres Aussehens wurden Manga-Figuren angefertigt, die im Internet viele Anhänger fanden. «Inzwischen hat sie den Kreml rechts überholt und spielt heute keine Rolle mehr», sagt Ulrich Schmid.
Noch immer ist nicht geklärt, wer Darja Dugina am 20. August getötet hat. Eine Widerstandsbewegung namens Nationale Republikanische Armee behauptet, dass sie hinter dem Anschlag stecke. Der russische Nachrichtendienst FSB hingegen bezichtigt die Ukraine der Tat. Eine Frau namens Natalja V. (43) soll dahinter stecken.
Nach Duginas Tod steigt die anti-westliche Stimmung in Russland weiter an. Die Nationalisten fordern Rache an der Ukraine. Selbst im Tod erfüllt Darja Dugina ihre Arbeit als Propagandistin.