Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Anschlägen im Iran
Gibts jetzt auch im Nahen Osten Krieg?

Im Iran ist es zu Anschlägen auf eine Munitionsfabrik, eine Ölraffinerie und Militärbasen gekommen. Eine Warnung der USA wegen des Atomprogramms und der Drohnenlieferungen an Russland? Laut US-Aussenminister Antony Blinken sind nun alle Optionen möglich.
Publiziert: 30.01.2023 um 19:30 Uhr
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Bedrohliche Manöver der iranischen Revolutionsgarde am Persischen Golf: Die Lage im Nahen Osten ist angespannt.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire
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Guido FelderAusland-Redaktor

In der Nacht auf Sonntag haben mehrere kleine Fluggeräte eine iranische Munitionsfabrik bei Isfahan angegriffen. Der Iran spricht von geringem Schaden und einer erfolgreichen Abwehr der Drohnen, bei denen es sich offenbar um Quadrocopter, um Mini-Helikopter mit je vier Rotoren, gehandelt hat. Zudem soll es am Wochenende auch zu Anschlägen auf Militärbasen und einer Ölraffinerie gekommen sein. Die Hintergründe sind unklar. Möglicherweise spielen die USA eine Rolle.

Denn: Um den Iran vor dem Bau von Atomwaffen abzuhalten, schliesst die US-Regierung ein militärisches Vorgehen nicht mehr aus. Aussenminister Antony Blinken (60) sagte am Sonntag im Rahmen seiner Nahost-Reise: «Alle Optionen sind auf dem Tisch.»

Kommts im Pulverfass Nahost nun zum Krieg? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Wer steckt hinter den Anschlägen?

Bekannt hat sich niemand dazu. Laut israelischen Medien steckt der israelische Geheimdienst Mossad dahinter – möglicherweise in Zusammenarbeit mit der amerikanischen CIA. Nahost-Experte Erich Gysling (86) sagt gegenüber Blick: «Es ist nicht der erste Anschlag im Iran. Der Mossad muss im Iran ein verdecktes Netzwerk haben.»

Die iranische Regierung wird ein Expertenteam in die Stadt Isfahan schicken, um die Hintergründe der Angriffe auf eine Militäranlage zu untersuchen.

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Welche Waffen werden in Isfahan hergestellt?

In Isfahan gibt es eine Anlage zur Umwandlung von Uran. Zudem werden in der Munitionsfabrik laut dem Iran «neuartige Waffensysteme» hergestellt. «Möglicherweise sind es Drohnen», meint Gysling. Iran liefert den Russen für den Angriffskrieg auf die Ukraine kostengünstige, aber wirksame Kampfdrohnen. Wie gross die Anlage ist, weiss man nicht. «Das Gebirge eignet sich aber gut für grossangelegte Bunkersysteme», sagt Gysling.

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US-Aussenminister Blinken warnt, dass nun «alle Optionen» denkbar seien. Kommt es im Nahen Osten zum grossen Krieg?

Das glaubt Gysling nicht. «Es hat bisher immer wieder Anschläge gegeben, und es wird auch weiterhin solche Angriffe geben», meint er. Dass niemand einen Flächenbrand wolle, sehe man auch an der Reaktion des Irans. «Die Regierung spielt den Vorfall herunter, um nicht zugeben zu müssen, dass ihre Anlagen unterwandert sind.»

Irans Freunde und Gegner

Noch vor zehn Jahren versprach der damalige iranische Präsident Hassan Rohani (74): «Wir werden uns mit der Welt versöhnen.» Daraus wurde nichts. Der Iran hilft Russland mit Waffenlieferungen – vor allem Kampfdrohnen – im Krieg gegen die Ukraine.

Grossen Einfluss nimmt der Iran zudem auf Nachbar Irak, wo Tausende Iraner die irakischen Milizen unterstützen. Nahost-Experte Erich Gysling: «Der Irak ist aus wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Gründen auf den Iran angewiesen. Ohne diese – allerdings unwillkommene – Hilfe wäre die Sicherheitslage im Irak noch miserabler als heute.»

Gegenspieler des Irans ist Israel, das von den USA unterstützt wird. Vor allem aus Angst vor Angriffen aus dem Iran stehen auch Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Jordanien und Ägypten auf dieser Seite. Diese Länder sprechen sogar davon, ein gemeinsames Frühwarnsystem aufzubauen.

Beim Krieg im Jemen stehen sich die beiden Fronten direkt gegenüber: Saudi-Arabien kämpft auf der Seite der Regierung gegen die aufständischen Huthis, die vom Iran unterstützt werden. (gf)

Noch vor zehn Jahren versprach der damalige iranische Präsident Hassan Rohani (74): «Wir werden uns mit der Welt versöhnen.» Daraus wurde nichts. Der Iran hilft Russland mit Waffenlieferungen – vor allem Kampfdrohnen – im Krieg gegen die Ukraine.

Grossen Einfluss nimmt der Iran zudem auf Nachbar Irak, wo Tausende Iraner die irakischen Milizen unterstützen. Nahost-Experte Erich Gysling: «Der Irak ist aus wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Gründen auf den Iran angewiesen. Ohne diese – allerdings unwillkommene – Hilfe wäre die Sicherheitslage im Irak noch miserabler als heute.»

Gegenspieler des Irans ist Israel, das von den USA unterstützt wird. Vor allem aus Angst vor Angriffen aus dem Iran stehen auch Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Jordanien und Ägypten auf dieser Seite. Diese Länder sprechen sogar davon, ein gemeinsames Frühwarnsystem aufzubauen.

Beim Krieg im Jemen stehen sich die beiden Fronten direkt gegenüber: Saudi-Arabien kämpft auf der Seite der Regierung gegen die aufständischen Huthis, die vom Iran unterstützt werden. (gf)

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Könnte die Ukraine involviert sein?

Ein Angriff auf Russlands Waffenlieferanten spielt der Ukraine zwar in die Karten. Auch ein Tweet von Selenskis Präsidentenberater Mychajlo Podoljak (50) tönt danach: «Explosive Nacht im Iran – Drohnen- und Raketenproduktion, Ölraffinerien. Haben euch gewarnt.» Eine Beteiligung der Ukraine schliesst Gysling aber aus. «Sie hätten im Moment gar nicht die Kraft dazu.»

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Welche Rolle spielt Israel?

Die israelische Regierung setzt alles daran, Erzfeind Iran an der Aufrüstung zu hindern. «Israels Spiel ist sehr komplex», sagt Gysling. «Das Land pflegt auch gute Beziehungen zu Russland, damit es unter dessen Stillschweigen in Syrien Angriffe durchführen kann.»

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Wie stark ist der Iran militärisch?

Das ist umstritten. Wichtiger als die reguläre Armee sind die gut ausgerüsteten Revolutionsgarden, die direkt dem Revolutionsführer unterstellt sind und als Parallelarmee geführt werden. Gysling zu Blick: «Iran ist sicher eine regionale Grossmacht, nur schon wegen der grossen Bevölkerung von rund 88 Millionen Einwohnern.» Der Iran ist weiter am Aufrüsten. «Die Sanktionen haben nichts gebracht.»

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Wann wird der Iran die erste Atombombe gebaut haben?

Mit einem Atomabkommen, aus dem der ehemalige US-Präsident Donald Trump (76) ausgestiegen war, wollte sich der Westen die Kontrolle über Irans Atomprogramm verschaffen. Die Aushandlung eines neuen Vertrags ist bisher gescheitert. Im April 2022 hat der Iran begonnen, in kleinen Mengen Uran auf 60 Prozent anzureichern, was beinahe an waffenfähiges Uran von 90 Prozent herankommt. Gyslings Einschätzung: «Auch wenn man waffenfähiges Uran hat, muss noch ein Sprengkopf entwickelt werden. Bis dahin ist es noch ein ziemlich weiter Weg.»

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