Der Tod bedeutet nicht das Ende: Wer bei den Toraja stirbt, bleibt weiter unter seinen Liebsten. Das Volk, das im Süden von Indonesien auf der Insel Sulawesi lebt, beerdigt die Toten nicht sofort. Bis zu dem zeremoniellen Begräbnis können Jahre vergehen – und so lange weilen die Verstorbenen unter den Lebenden. Und sie werden auch so behandelt. Das heisst: Die Toten bekommen Essen und Trinken.
Der Grund: Die Beerdigung ist extrem aufwendig. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Umgerechnet bis zu 45'000 Franken. Ein Vielfaches von dem, was ein durchschnittlicher Toraja im Jahr verdient, wie «Travelbook» berichtet.
Es geht um den «Weg der Ahnen»
Manche Torajaner sparen ihr gesamtes Leben für den Tod. Denn nur, wenn der Verstorbene eine angemessene Beerdigung erhält, findet seine Seele Frieden. Bei der Bestattung, dem «Rambu Solo», wird gefeiert – und zwar im grossen Stil. Mehrere Tiere werden geopfert und zahlreiche Gäste werden eingeladen. Es gibt Musik und es wird getanzt.
Schätzungen zufolge gibt es zirka 650'000 Torajaner. Obwohl viele von ihnen zum Christentum oder zum Islam konvertiert sind, bleibt ihr traditioneller Glaube bei Beerdigungen und ähnlichen Festen sichtbar. Ihr Totenkult, auch als «aluk todolo» («Weg der Ahnen») bekannt, zeichnet sich durch eine äusserst starke Bindung an die verstorbenen Verwandten aus und schreibt vor, dass die Verstorbenen eine Konstante im Leben ihrer Familien bleiben.
Toten werden alle drei Jahre aus den Särgen geholt
Nach ihrem Tod werden sie im Haus der Familie aufbewahrt, feierlich gefüttert und gekleidet, bis die Familie sich die kostspielige Beerdigung leisten kann. Die Leichen werden, wie bei uns, in Särgen beigesetzt. Allerdings werden die Särge dafür nicht unter die Erde gebracht, sondern in Löcher, die vorher in Felswände gebohrt wurden.
Hinzu kommt: Alle drei Jahre findet das Ritual der Leichenreinigung statt. Das «Ma'nene». Während dieser Feierlichkeiten werden die Leichen der verstorbenen Verwandten exhumiert, um sie zu waschen, zu pflegen und neu einzukleiden.
«Unsere Art, unsere Vorfahren und unsere Lieben zu respektieren»
Nach ihrem Glauben muss der Geist eines Menschen in sein Heimatdorf zurückkehren, was bedeutet, dass die Toraja traditionell vorsichtig waren, weil sie fürchteten, weit weg von zu Hause zu sterben und nicht in ihr Dorf zurückkehren zu können.
«Wir glauben, dass tote Familienmitglieder immer noch bei ihren Verwandten sind, auch wenn sie vor Hunderten von Jahren gestorben sind», sagt Daniel Toding, ein Dorfbewohner aus Pangala, zu «Southeast Asia Globe». «Das ist unsere Art, unsere Vorfahren und unsere Lieben zu respektieren und zu ehren.» (jmh)