Russland setzt auf Hyperschallrakete «Kinschal»
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Zerstörerische Kraft:Aufnahmen zeigen Hyperschallrakete «Kinschal» im Einsatz

Beschuldigt wegen Hochverrat
Putin sperrt nach Kinschal-Pleite seine Raketenforscher ein

Raketen sind für Putin von immenser Bedeutung. Dafür braucht er die klügsten Köpfe des Landes. Doch vergangene Woche wurde der dritte Forschende wegen Hochverrats verhaftet. Wissenschaftler im ganzen Land fürchten, als Nächstes auf der Anklagebank zu sitzen.
Publiziert: 21.05.2023 um 21:18 Uhr
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Aktualisiert: 21.05.2023 um 22:35 Uhr
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Die Raketen-Wissenschaftler Anatoli Maslow, Alexander Shipljuk (im Bild) und Waleri Sweginzew werden von der russischen Staatsführung des Hochverrats beschuldigt.
Foto: Twitter
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Cédric HengyRedaktor News

Gleich mehrere Kinschal-Raketen konnte die Ukraine vergangene Woche zerstören. Dabei gilt der «Dolch» – das bedeutet das Wort «Kinschal» auf Deutsch – als unzerstörbar. «Die offensichtliche Verwundbarkeit der Kinschal ist für Russland wahrscheinlich sowohl überraschend als auch peinlich», twitterte das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch. Der russische Präsident Wladimir Putin (70) hat bereits ein paar Sündenböcke gefunden: die Wissenschaftler.

Anatoli Maslow, Alexander Shipljuk und Waleri Sweginzew werden derzeit von der russischen Staatsführung des Hochverrats beschuldigt. Sweginzew wurde vergangene Woche verhaftet, Maslow sitzt bereits seit Juni 2022 in Untersuchungshaft. Alle drei arbeiteten an der Entwicklung der berüchtigten Kinschal-Raketen mit, schreibt die «Frankfurter Rundschau».

Am Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften im sibirischen Nowosibirsk forschten und entwickelten die Männer Hyperschallraketen. Eine Aufgabe, die in Zeiten des Krieges wichtiger denn je scheint. Nun wirft man ihnen vor, sie sollen an internationalen Foren Staatsgeheimnisse verraten haben. Doch wieso sperrt Putin die klügsten Köpfe des Landes weg?

«Wir kennen sie als Patrioten!»

Bei den Kollegen am Institut trifft das auf Unverständnis. «Alle von ihnen sind für ihre brillanten wissenschaftlichen Ergebnisse bekannt!», heisst es in einem offenen Brief des Institutes vom 15. Mai über die Mitarbeiter. Nur so wurde überhaupt bekannt, dass sich Sweginzew seit vergangener Woche in Haft befindet.

«Wir kennen jeden einzelnen von ihnen als Patrioten und anständigen Menschen, der nicht in der Lage ist, das zu begehen, was die Ermittlungsbehörden ihnen vorwerfen», fahren die Mitarbeiter fort.

Wissenschaftler waren im Ausland

Tatsächlich befanden sich alle drei Wissenschaftler zeitweise im Ausland und traten auf internationalen Foren auf. Doch für ihre Reisen bekamen sie Genehmigungen von ganz oben. Die Materialien, die die Wissenschaftler öffentlich präsentierten, seien vorher genauestens untersucht worden, um sicherzugehen, dass sie keine vertraulichen Informationen enthielten, schreibt der Sender BBC Russia.

Der russische Geheimdienst (FSB) warf ihnen nach der Rückkehr Hochverrat vor. Weswegen genau, ist unklar. Denn solche Fälle werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt.

«Jeder Artikel oder Bericht könnte zu Anschuldigungen wegen Verrats führen», fahren die Wissenschaftler fort. Sie haben Angst – jeder, könnte der nächste sein, der in den Augen der Regierung zu viel weiss. «In dieser Situation fürchten wir nicht nur um das Schicksal unserer Kollegen. Wir wissen einfach nicht, wie wir mit unserer Arbeit fortfahren sollen.»

Leichtes Ziel für den Geheimdienst

Nur kurz nach der Veröffentlichung gab auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow (55) eine Stellungnahme ab. Er wisse zwar vom Brief, jedoch sei der Fall Sache der Sicherheitsbehörden. Peskow sprach allerdings von «sehr schweren Vorwürfen» gegen die inhaftierten Forscher.

Der russische Wissenschaftsjournalist Elia Kabanow erklärt gegenüber «Bild»: «Sie alle haben schon mal Vorlesungen im Ausland gehalten oder in den ausländischen Zeitungen Aufsätze publiziert.» Dem russischen Geheimdienst FSB böten die Forscher deshalb ein leichtes Ziel. «Man kann ihnen leicht einen Verrat von Geheimnissen vorwerfen.» Wie es mit den Wissenschaftlern weitergeht, bleibt unklar. Doch ohne sie bleiben Putins Atomdrohungen leere Worte.

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