Beschneiung schneearmer Pisten
Rettet diese Idee Skigebiete in Not?

Wegen steigender Temperaturen sind Skigebiete auf der ganzen Welt zusehends auf Kunstschnee angewiesen. Dieser ist aber alles andere als nachhaltig. Forscher an der Universität Barcelona wollen dies nun ändern.
Publiziert: 20.01.2024 um 20:49 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2024 um 10:34 Uhr
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Nicht selten sieht es heutzutage in Skigebieten so aus, wie auf der Piste zwischen Chuenisbärgli und Boden Ende Dezember 2022 in Adelboden.
Foto: Keystone

Für den Schweizer Skitourismus wird der Klimawandel zunehmend zum Problem. Nicht selten kommt es vor, dass Skigebiete zu wenig Schnee haben, um den Ausflüglern optimale Pistenbedingungen zu bieten. Vor allem tiefer gelegene Regionen können ein Lied davon singen.

Ein potenzieller Ausweg aus der Misere ist die künstliche Beschneiung. Doch langfristig dürfte diese das Problem kaum mindern. Denn zum einen erhöht das künstliche Beschneien den Wasser- und Energiebedarf und damit auch die Kohlenstoffemmissionen. Andererseits ist die Beschneiung nur bei ausreichend niedrigen Temperaturen möglich, was bereits heute immer weniger der Fall ist.

Forscherteam will Vorgänge in den Wolken imitieren

Könnte es also schon bald an der Zeit sein, seine Skiausrüstung für immer im Keller zu verstauen? Es gibt Hoffnung: Spanische Forscher haben jüngst eine Entdeckung gemacht, die sich für den Skisport als langersehnten Heilsbringer entpuppen könnte.

Konkret soll bei dem Projekt mit dem ominösen Namen «Snow Laboratory», das vom Institut für Materialwissenschaften der Universität Barcelona und FGC Turisme, dem Betreiber der öffentlichen Skipisten in Spanien, geleitet wird, Kunstschnee erzeugt werden. In diesem Fall soll sich das Ganze aber weniger negativ auf die Umwelt auswirken.

Dies, indem dem Wasser, das in die Schneekanonen fliesst, ein Mineral beigefügt wird. Das Ziel sei gemäss dem Wissenschaftler Albert Verdaguer, der aufseiten der Universität das Projekt leitet, die Vorgänge in den Wolken zu imitieren. 

«Warum machen wir uns das nicht zunutze?»

Eis entsteht bekanntlich in der Atmosphäre aus Wassertröpfchen in Wolken durch einen Prozess, der «Eiskeimbildung» genannt wird. Dabei können reine Wassertröpfchen bei Temperaturen von bis zu minus 38 Grad Celsius flüssig bleiben. Zur Eisbildung kann es aber auch bei viel höheren Temperaturen kommen. Dies, wenn die Wassertröpfchen mit Partikeln in der Atmosphäre, wie etwa Aerosolen oder Staub, in Wechselwirkung treten und dadurch gefrieren. 

Diesbezüglich erlebte Verdaguer vor einigen Jahren nach dem Lesen einer Forschungsarbeit ein Aha-Erlebnis. In der Schrift ging es darum, dass ein Mineral, nämlich Feldspat, bei diesem Prozess besonders effizient ist und das Gefrieren von Wassertröpfchen bei Temperaturen nahe null Grad auslösen kann.

Der Forscher grübelte weiter und stand schliesslich vor folgender Frage: Was wäre, wenn Feldspat dazu beitragen könnte, die Beschneiung effizienter zu machen? «Wir dachten, warum machen wir uns das nicht zunutze?», sagt Verdaguer gegenüber CNN.

Umwandlungsverhältnis soll auf 90 Prozent steigen

Spätestens im Labor merkten der Forscher und sein Team, dass sie mit der Idee einen Volltreffer gelandet hatten. Labortests ergaben, dass die Technik die Energiekosten um rund 30 Prozent senkt und Schnee bei Temperaturen erzeugt werden kann, die etwa ein bis eineinhalb Grad höher sind als bei herkömmlichen Methoden.

Ebenfalls optimiert worden sei das Umwandlungsverhältnis, also die Schneemenge, die aus den Kanonen austritt, im Vergleich zur Wassermenge, die hineingeht. In der Regel liegt dieser Wert bei rund 75 Prozent, da ein Teil des Wassers in der Kanone verbleibt oder gar nicht erst gefriert und weggeblasen wird. Verdaguer schätzt, dass dieser Umwandlungswert dank der neuen Methode auf 90 Prozent steigen wird.

Der Forscher zeigt sich äusserst optimistisch. Ihm zufolge würde etwa eine Coladose an Feldspat ausreichen, um zwei Schneekanonen die ganze Saison über in Betrieb zu halten. Ob sich diese Prognosen in der Praxis denn auch tatsächlich als richtig herausstellen, wird sich bald zeigen.

«Das soll uns nur etwas Zeit verschaffen»

Im in den Pyrenäen eingebetteten Skigebiet La Molina wird die Beschneiungsmethode in den nächsten drei Jahren aktiv getestet. Sollte sich das Projekt als Erfolg hervortun, könnte dieses auch für andere Skigebiete äusserst interessant sein. «Die Frage ist, ob man das skalieren kann», sagt der Schneewissenschaftler Jordy Hendrix zu CNN. Er ist aber überzeugt, dass die Technik sinnvoll ist. 

Verdaguer und sein Team haben in den vergangenen Wochen mehrere Schneekanonen im Skigebiet aufgestellt. Das verwendete Wasser soll aus einem Stausee kommen, der sich im Frühjahr jeweils mit geschmolzenem Schnee aus den Bergen mischt und nicht als Trinkwasser verwendet wird. 

Besonders erhofft sich Verdaguer von der neuen Methode, dass sie den angeschlagenen Berggemeinden, die stark vom Schnee abhängig sind, eine Atempause verschaffen wird. «Wir wollen nicht, dass alle Skigebiete in fünf oder zehn Jahren geschlossen werden und keine Zeit mehr haben, etwas für die Wirtschaft der Regionen zu tun. Das soll uns nur etwas Zeit verschaffen.» (ced)


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