Immer wieder fordern verschiedene Staaten Friedensverhandlungen. Doch sowohl Russland als auch die Ukraine weigern sich bislang, an einen Tisch zu kommen. Ein Ende des blutigen Kriegs ist nicht in Sicht. Insbesondere europäische Staatsoberhäupter betonen in der Öffentlichkeit bei jeder sich bietenden Gelegenheit, wie wichtig es sei, dass Wladimir Putin (70) in der Ukraine eine krachende Niederlage erleidet.
Doch hinter den Kulissen schlagen die Staatschefs einen neuen Ton an. Die militärische Unterstützung des Westens für die Ukraine treibt ein immer tieferes Loch in die Staatskassen. Putin, so scheint es, sitzt in Moskau eben ziemlich fest im Sattel. Und dass die Ukraine die Krim und alle besetzten Gebiete im Donbass zurückerobern kann, halten immer mehr Länder für unwahrscheinlich, schreibt das «Wall Street Journal».
Laut dem Bericht haben gleich drei Staatschefs zusammen an einem geheimen Plan zur Beendigung des Krieges gearbeitet: der britische Premier Rishi Sunak (42), der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (64) und Emmanuel Macron (45), der französische Staatspräsident. Der Plan soll auf dem Nato-Jahrestreffen im kommenden Juli diskutiert werden.
Ukraine soll enger an Nato rücken und dafür Verhandlungen aufnehmen
Ihr Vorschlag: Die Ukraine soll enger an die Nato rücken und dabei sowohl von Waffen- und Munitionslieferungen als auch von Sicherheitsgarantien profitieren. So solle Russland davor abgeschreckt werden, das Nachbarland erneut anzugreifen. Im Gegenzug muss aber auch die Ukraine einen Schritt auf Russland zugehen, indem es sich für Friedensverhandlungen bereiterklärt.
Eine Bedingung sei aber festgehalten: Für die Nato würde in einem zukünftigen Konflikt keine Verpflichtung bestehen, Truppen in der Ukraine zu stationieren. Auch würde Kiew bei einem Angriff nicht vom Bündnisfall, dem sogenannten Artikel 5, profitieren können.
Gespräche noch bis Ende Jahr wünschenswert
Wann und wo die Friedensverhandlungen stattfinden sollen, wollen Sunak, Scholz und Macron der Ukraine überlassen. Ein nicht näher genannter Regierungsbeamter sagte dem «Wall Street Journal» aber, dass die drei Staatschefs Tempo in den Prozess bringen wollen. So hoffen sie, dass es noch in diesem Jahr zu ersten Gesprächen zwischen den beiden Kriegsparteien kommt.
Macron machte das Anfang Februar bereits bei einem Nachtessen mit Scholz und dem ukrainischen Präsident Wolodimir Selenski (45) im Élysée-Palast deutlich. Die beiden Westeuropäer sollen dabei dem ukrainischen Präsidenten Friedensverhandlungen schmackhaft gemacht haben.
Gastgeber Macron pochte laut mehreren Quellen besonders auf Diplomatie und zog Vergleiche mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs heran. Selbst Todfeinde, wie es einst Frankreich und Deutschland waren, hätten nach der Niederlage Deutschlands nach vorne geschaut und Frieden geschlossen.
«Dort drüben gibt es nichts zu reden»
Zwar sei Selenski ein grosser Anführer im Krieg, so Macron weiter, allerdings müsse er letztlich auch zu politischer Staatskunst übergehen und schwierige Entscheidungen treffen und unrealistische Forderungen zurückschrauben. Laut einem französischen Regierungsbeamten glaubt niemand ernsthaft daran, dass die Ukraine in der Lage ist, die Krim zurückzuerobern.
«Wir wiederholen immer wieder, dass Russland nicht gewinnen darf. Aber was bedeutet das? Wenn der Krieg lange genug mit dieser Intensität andauert, werden die Verluste der Ukraine unerträglich», so der Beamte zum «Wall Street Journal».
Aktuell scheint es aber unwahrscheinlich, dass Selenski gut auf Friedensverhandlungen zu sprechen ist. Noch am vergangenen Freitag sagte er, dass er vor der russischen Invasion die Staats- und Regierungschefs der Welt aufgefordert habe, ihn und Putin an einen Tisch zu bringen. Weil Putin das aber von Anfang an ablehnte, sei daraus nie etwas geworden. Als sich Moskau dann bereit für ein Treffen zeigte, war es für Kiew zu spät.
«Jetzt sind wir es, die das nicht können», macht Selenski deutlich. «Dort drüben gibt es nichts zu reden und niemanden, über den man reden könnte.»
Sowohl die deutsche, die französische als auch die britische Regierung wollte auf Anfrage des «Wall Street Journal» nicht Stellung nehmen zu den Friedensplänen. (ced)