Griechische Grenzschützer haben nach türkischen Angaben einen Flüchtling beim versuchten Grenzübertritt durch Schüsse getötet. Sechs Flüchtlinge seien durch Schüsse «mit scharfer Munition» verletzt worden, teilte das Gouverneursamt der türkischen Region Edirne am Mittwoch mit.
Ein Mann sei seinen Verletzungen an der Brust erlegen. Die arabische Journalistin Jenan Moussa teilte das Video auf Twitter, auf dem der tödlich verletzte Mann zu sehen ist. Ein freier Journalist der BBC, berichtete, dass es sich beim Todesopfer um den 24-jährigen Ahmad Abu Emad handle. Der Syrer stamme aus Aleppo. Der BBC-Journalist schreibt: «Ihm wurde um 09:07 Uhr nahe Ipsala in den Hals geschossen.» Die griechische Regierung stritt die tödlichen Schüsse zunächst noch ab, sprach von «türkischer Propaganda».
Tausende Migranten harren aus
Seitdem die Türkei am Wochenende die Grenzen zur EU für Migranten für offen erklärt hatte, ist der Druck auf die griechischen Grenzen deutlich gestiegen.
Nach Uno-Angaben harren Tausende Migranten bei Kälte auf der türkischen Grenzseite aus. Viele wollen weiterziehen. Griechenland sichert die Grenze mit Härte. Sicherheitskräfte setzten mehrfach Blendgranaten und Tränengas ein, um Menschen zurückzudrängen. Menschenrechtler und Migrationsforscher kritisierten das Vorgehen scharf.
Vor dem Bundeskanzleramt in Berlin demonstrierten am Dienstagabend mehrere Tausend Menschen dafür, die EU-Grenzen für Migranten zu öffnen.
Von der Leyen stellt sich hinter Griechenland
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich dagegen am Dienstag bei einem Besuch an der Landgrenze zur Türkei entschieden hinter Griechenland gestellt. Sie dankte dem Land dafür, in diesen Zeiten der «europäische Schild» zu sein. «Diese Grenze ist nicht nur eine griechische Grenze, es ist auch eine europäische Grenze.»
Von der Leyen sagte Griechenland für das Migrationsmanagement bis zu 700 Millionen Euro Unterstützung zu. Auch die EU-Grenzschutztruppe Frontex wollte ihre Hilfe deutlich ausweiten. Bei dem Ministertreffen in Brüssel wird es auch darum gehen, welchen Beitrag die einzelnen EU-Staaten dazu leisten können.
Erdogan wirft EU vor, Versprechen nicht zu halten
Eigentlich hatte Ankara sich im EU-Türkei-Abkommen von 2016 unter anderem dazu verpflichtet, gegen illegale Migration in die EU vorzugehen. Ausserdem sieht der Deal vor, dass Griechenland illegal auf die Ägäis-Inseln gelangte Migranten zurück in die Türkei schicken kann.
Im Gegenzug übernimmt die EU für jeden Zurückgeschickten einen syrischen Flüchtling aus der Türkei und unterstützt das Land finanziell bei der Versorgung der Flüchtlinge. Erdogan wirft der EU vor, ihre Versprechen nicht eingehalten zu haben – die EU weist das zurück. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell wollte am Mittwoch in der Türkei seine Bemühungen zur Rettung des Abkommens fortsetzen. (SDA)