Liess Kreml-Despot Wladimir Putin (69) den russischen Oligarchen Roman Abramowitsch (55) vergiften? Wie unter anderem «The Wallstreet Journal» berichtet, litten Abramowitsch und ukrainische Friedensunterhändler nach einem Treffen in Kiew Anfang des Monats an Symptomen einer mutmasslichen Vergiftung. Die Zeitung beruft sich dabei auf einen Vertrauten von Abramowitsch.
Nach einem Treffen in der ukrainischen Hauptstadt entwickelten Abramowitsch, der zwischen Moskau, Lwiw und anderen Verhandlungsorten pendelt, sowie mindestens zwei hochrangige Mitglieder des ukrainischen Teams Symptome wie rote Augen, ständiges und schmerzhaftes Tränen und sich schälende Haut im Gesicht und an den Händen, sagte der Vertraute.
Auch ein Spiegel-Reporter bestätigt, dass die betroffenen Personen nach einem Aufenthalt in Kiew «extreme Kopfschmerzen und Hautschälungen» aufwiesen. Shaun Walker, Journalist bei «The Guardian», schrieb auf dem Kurznachrichtendienst: «Eine Quelle erzählte mir, dass Abramowitsch stundenlang nichts sehen konnte». Er soll nach dem Vorfall in der Türkei behandelt worden sein.
Experten gehen von chemischen Kampfstoffen aus
Wie die Recherche-Plattform «Bellingcat» auf Twitter informiert, sei es sehr wahrscheinlich, dass die Personen mit chemischen Kampfstoffen vergiftet worden seien. «Wie Untersuchungen der Experten ergeben, deuten die Symptome darauf hin, dass es sich um innere Verletzungen durch nicht näher definierte chemische Waffen handelt».
Eine weitere Vermutung der Plattform war die Verwendung von Mikrowellenbestrahlung, dies sei allerdings weniger wahrscheinlich. Die Experten der Plattform wurden direkt angefragt, um entsprechende Untersuchungen vorzunehmen. Die drei Männer, bei denen Symptome auftraten, konsumierten in den Stunden vor dem Ausbruch der Symptome nur Schokolade und Wasser, so «Bellingcat». Ein viertes Gruppenmitglied, welches diese ebenfalls konsumierte, wies keine Symptome auf.
Nach der Ansicht von zwei von «Bellingcat» konsultierten Fachärzten können die Symptome am ehesten mit Varianten von Porphyrin, Organophosphaten oder bicyclischen Substanzen vereinbar. «Eine endgültige Bestimmung war nicht möglich, da in der Nähe der Opfer keine spezielle Laborausrüstung vorhanden war», so die Plattform. Die Fachärzte seien ausserdem der Meinung, dass die Dosis und die Art des verwendeten Gifts wahrscheinlich nicht dazu ausreichte, lebensbedrohliche Schäden zu verursachen. Es sei wahrscheinlicher, dass die Angreifer die Opfer lediglich erschrecken wollten, anstatt dauerhafte Schäden zu verursachen.
Unklar, wer Gruppe angegriffen hat
Wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA schreibt, weisen die ukrainischen Betroffenen die Medienberichte zurück. Alle Mitglieder der Verhandlungsgruppen würden normal arbeiten, sagte der ukrainische Unterhändler Mychajlo Podoljak örtlichen Medien zufolge am Montag. «Im Informationsbereich gibt es gerade viele Spekulationen, unterschiedliche Verschwörungsversionen und Elemente des einen oder anderen Informationsspiels.»
Auch US-amerikanische Geheimdienstler dementierten die Vergiftungs-Vermutungen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Vielmehr sollen die Symptome durch die «Umwelt» hervorgerufen worden sein.
Personen, die den Unterhändlern nahestehen, machen russische Hardliner aus Moskau für den mutmasslichen Anschlag verantwortlich. Sie sollen angeblich versucht haben, die Gespräche zur Beendigung des Krieges in der Ukraine zu sabotieren. Allerdings sagte der Abramowitsch-Vertraute, dass es derzeit nicht klar sei, wer die Gruppe angegriffen hat. Die Opfer selbst sagten, sie wüssten nicht, wer ein Interesse an einem Angriff gehabt haben könnte.
Weiter heisst es, dass der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44), mit dem sich Abramowitsch getroffen haben soll, nicht betroffen ist. Der Sprecher von Selenski sagte, dass der Ukraine-Präsident zudem keine Kenntnis über die vermutete Vergiftung hat. (chs)