Dutzende russische Oligarchen sind seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs mit Sanktionen belegt worden. Auch in der Schweiz wurden Vermögen eingefroren. Ein Name auf der Liste der sanktionierten Oligarchen: Suleiman Kerimow (56). Der Milliardär ist ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin (69).
Nun zeigen Recherchen des «Tages-Anzeigers»: Kerimow wickelte seine Geschäfte auch über die Schweiz ab. Eine wichtige Rolle spielte dabei Tätowierer Wolfgang L.* (62). Er betreibt ein Studio in der Stadt Luzern – und verschob 2013 und 2014 insgesamt 200 Millionen Dollar an Firmen von Suleiman Kerimow oder dessen Familienmitglieder.
L. streitet Beteiligung ab
Dafür benutzte L. eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln und ein Dollar-Konto in Lettland. Der «Tages-Anzeiger» konnte die Dokumente einsehen. Sie stammen aus einem Daten-Leck. In den Dokumenten wird Wolfgang L. als «wahrer und einzig wirtschaftlicher Berechtigter» der Firma aufgeführt.
L. will mit den Millionen-Verschiebungen nichts zu tun haben, verweist auf seinen Treuhänder. Bei diesem handelt es sich laut Recherchen der Zeitung um Nicolas T.*, einen Freund des russischen Oligarchen. T. teilt mit, die Briefkastenfirma habe ihm selbst gehört. Er habe über diese Firma in gemeinsame Projekte mit dem Oligarchen investiert.
Tätowierer Wolfgang L. ist nicht der einzige aus der Region, der an den Geschäften mit den Offshore-Firmen beteiligt gewesen sein soll. «Zwei Dutzend Strohpersonen aus der Region Luzern» sollen ebenfalls mitgeholfen haben, heisst es in dem Bericht weiter. Die meisten können direkt mit Treuhänder Nicolas T. in Verbindung gebracht werden. Insgesamt sollen über die Luzerner Mittelsmänner Geschäfte in der Höhe von 4 Milliarden Dollar abgewickelt worden sein.
Keine Auskunft vom Oligarchen
Die meisten Mittelsmänner geben auf Anfragen keine Auskunft. Ein Strohmann sagt, er habe mit Nicolas T. einen Vertrag abgeschlossen, der ihn von sämtlicher Verantwortung entbunden habe. Dafür habe er 4000 Franken pro Jahr erhalten. Auf dem Papier führte der Strohmann eine Briefkastenfirma, über die eine halbe Milliarde zu Kerimow oder dessen Sohn geflossen sind.
Treuhänder T. gibt gegenüber dem «Tages-Anzeiger» an, alle seine Firmen seien dem Schweizer Geldwäschereigesetz unterstanden und in der Schweiz geprüft worden. Inzwischen seien alle Briefkasten-Firmen liquidiert worden. Bei den Projekten habe er Kerimow niemals geholfen, «Vermögen zu verstecken oder zu verschleiern».
Wo die Milliarden von Kerimow heute liegen, ist unklar. Die Anwälte des Oligarchen reagierten nicht auf entsprechende Anfragen. (zis)
* Name geändert