Russen posten Video von der kaputten Krim-Brücke
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Moskau spricht von «Terrorakt»:Russen posten Video von der kaputten Krim-Brücke

Auch bei Krimbrücke-Sprengung im Einsatz?
Diese Kamikaze-Boote machen Russlands Marine das Leben schwer

Die Ukraine setzt unbemannte und mit Sprengstoff beladene Roboterboote gegen die russische Marine ein. Kamen diese Seedrohnen auch bei der Sprengung der Krimbrücke zum Einsatz?
Publiziert: 18.07.2023 um 20:59 Uhr
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Nur 2,5 Meter lang: die Unterwasserdrohne Toloka TLK-150.
Foto: Brave 1

Gegen die Übermacht der russischen Marine muss sich die Ukraine etwas einfallen lassen. Wie die vergangenen Kriegsmonate zeigen, setzt das Land dabei auf die asymmetrische Kriegsführung. Möglicherweise kommen hier auch selbst entwickelte Waffen zum Einsatz.

Die ukrainische Regierung rief zur Unterstützung von ukrainischen Waffenentwicklern und kleineren Unternehmen die Initiative «Brave 1» ins Leben. Im Rahmen des Programms wurde unlängst die Unterwasserdrohne Toloka TLK-150 vorgestellt. Haben die Ukrainer diese Eigenproduktion nun bei der Sprengung der Krimbrücke eingesetzt?

Auf und unter dem Wasser

Mit welchem Waffensystem das Bauwerk in der Nacht auf Montag beschädigt wurde, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht abschliessend beurteilen. Sowohl von russischer als auch von ukrainischer Seite heisst es jedoch, beim Angriff seien unbemannte Wasserfahrzeuge zum Einsatz gekommen.

Im Mai beschrieb der U-Boot-Experte H I Sutton die Funktionsweise von Toloka TLK-150 in einem Artikel der Fachplattform «Naval News». «Diese kleine Waffe ergänzt die bereits berühmten, unbemannten Oberflächenfahrzeuge, die die russische Marine jetzt schon in ihrer Hauptbasis in Sewastopol bedrohen», schrieb Sutton. Die Ukraine bekam demnach ausserdem von Grossbritannien sechs unbemannte Unterwasserdrohnen (UUV), «hauptsächlich zur Unterstützung von Minenräumungsmassnahmen».

50 Kilo Sprengstoff, Aufklärungsmissionen

Toloka TLK-150 funktioniert wie eine Kamikaze-Drohne unter Wasser. Das nur 2,5 Meter lange Roboter-U-Boot kann angeblich bis zu 50 Kilo Sprengstoff transportieren und mit einem Kontaktzünder an der Spitze bestückt werden. «Sein Design ist unkonventionell und zeigt, dass es sich um ein einheimisches Produkt handelt», schrieb Sutton. Ungewöhnlicherweise verfüge die Waffe über zwei Antriebsdüsen, die an kleinen, flügelartigen Stabilisatoren befestigt sind.

Das Kamikaze-U-Boot bewegt sich nur knapp unter der Wasseroberfläche und verfügt über einen hohen Mast mit Kameras und Kommunikationsgeräten. Der auffällig grosse Kiel könnte dazu dienen, den Mast auszugleichen. Gemäss Sutton kann Toloka TLK-150 möglicherweise auch für Aufklärungsmissionen in der Nähe der feindlichen Küste verwendet werden.

Attacken auf russische Schiffe

Toloka TLK-150 ist deutlich kleiner als die bereits bekannte Überwasserdrohne (USV) der Ukraine, bei der es sich im Prinzip um ein motorisiertes und mit Sprengstoff gefülltes Boot handelt. Aufnahmen eines angeschwemmten, unbemannten Kamikazebootes aus dem vergangenen Jahr zeigen diese erste Version der ukrainischen Angriffstechnik.

In den vergangenen Monaten gab es schon mehrfach Attacken auf die Basis der russischen Flotte im Hafen von Sewastopol und Militärschiffe im Schwarzen Meer. Wiktor Sokolow (61), der Kommandant der Schwarzmeerflotte, erklärte im Mai, man habe deswegen die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Nach russischen Medienberichten sollen Moskaus Schiffe mit Antidrohnentechnik ausgerüstet werden.

Für Schlagzeilen sorgte unter anderem der Angriff eines Drohnenschwarms – aus der Luft und vom Wasser her – auf die «Admiral Makarow» im vergangenen Oktober. Ende Mai 2023 soll dann der russische Seeaufklärer «Iwan Churs» Ziel eines Angriffs mit Überwasserdrohnen geworden sein.

Jetski, Kamera, Kompass und Sprengstoff

Sebastian Bruns vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, sagt gegenüber «Spiegel»: «Russland ist offensichtlich nicht in der Lage, die eigene Infrastruktur zu schützen.» Das lege der erneute Angriff auf die Krimbrücke nahe.

Für die Ukrainer stehen Aufwand und Ertrag beim Einsatz von unbemannten Wasserfahrzeugen in einem guten Verhältnis. Denn über eine eigene Marine im klassischen Sinne verfügt das Land nicht mehr. «Ein Jetski, eine Kamera, ein Kompass – und Sprengstoff. Damit kann man schon einmal viel machen», sagt Bruns. «Die Russen haben das auf die harte Tour erlebt.» (noo)

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