Auf einen Blick
- Scholz ignoriert Esken zweimal. Esken verteidigt ihn trotzdem
- Esken betont enge Zusammenarbeit mit Scholz seit fünf Jahren
- Scholz verliert Vertrauensfrage: 207 dafür, 394 dagegen, 116 Enthaltungen
Sie suchte den Kontakt zum Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz (66) und wurde eiskalt abserviert. Gleich zweimal in Folge drehte Scholz der SPD-Chefin Saskia Esken (63) den Rücken zu. Auf beiden Videos sieht es wie pure Absicht aus. Der 66-Jährige hat offensichtlich keine Lust, mit Esken zu sprechen. Der Arroganz-Anfall sorgte für mächtig Wirbel.
Nach dem ersten Vorfall versuchte Scholz Schadensbegrenzung und veröffentlichte ein Foto, auf dem er und Esken ein Handy in der Hand halten. Dazu schrieb er: «Saskia und ich haben uns das Video angeschaut. Peinlich von mir – zum Glück konnten wir beide drüber lachen.» Kurz darauf wurde ein zweites Video veröffentlicht, dass erneut zeigt, wie Scholz die SPD-Chefin ignoriert.
«Wir arbeiten sehr eng und vertrauensvoll zusammen»
Jetzt meldet sich Saskia Esken zu Wort. Und sie nimmt Noch-Bundeskanzler Scholz in Schutz. Er habe vor einer historischen Rede gestanden. An dem Tag stellte Scholz die Vertrauensfrage und verlor wie erwartet. Darum wird es nächstes Jahr in Deutschland Neuwahlen geben. Esken wisse, wie es ist, so unter Druck zu stehen. Man befinde sich dann «in einer Art Tunnel, wie auch jeder Künstler vor und nach dem Auftritt und hat die Wahrnehmung nach aussen so ein Stück weit eingeschränkter», sagt sie im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.
Ausserdem habe sich Scholz bei ihr für die Situation entschuldigt. Damit sei es für sie erledigt. Und sie stellt klar: «Ich arbeite mit Olaf Scholz seit fünf Jahren sehr, sehr eng und sehr vertrauensvoll zusammen und ich habe gar keinen Grund zu unterstellen, dass er mit mir anders umgeht als mit anderen.»
Gegenseitigen Schuldzuweisungen
Aktuell ist es auch besser, wenn die beiden Politiker an einem Strang ziehen. Denn: Alle Parteien stecken mitten im Wahlkampf. Ende Februar werden die vorgezogenen Neuwahlen stattfinden. Der Bundestag hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag wie angestrebt in einer namentlichen Abstimmung über die Vertrauensfrage die Unterstützung verweigert. Vorausgegangen war eine mehr als zweistündige Debatte, die von gegenseitigen Schuldzuweisungen der früheren Ampel-Partner und vom begonnenen Wahlkampf geprägt war.
Die verlorene Vertrauensfrage nach Artikel 68 Grundgesetz ist Voraussetzung dafür, dass der Bundespräsident Neuwahlen ansetzen kann. Für Scholz votierten nun 207 Abgeordnete, darunter geschlossen die SPD-Fraktion. Zudem erhielt er die Stimmen von drei AfD-Abgeordneten und drei Fraktionslosen. Gegen Scholz stimmten 394 Abgeordnete, 116 weitere enthielten sich.
Es war erst das sechste Mal in der bundesdeutschen Geschichte, dass ein Kanzler die Vertrauensfrage stellte. Die letzte hatte es im Juli 2005 gegeben, die darauf folgenden Neuwahlen besiegelten das Ende der Amtszeit des vor Scholz letzten SPD-Kanzlers Gerhard Schröder.