Seit fünf Tagen leben die Retter der Schweizer Rettungskette in der türkischen Erdbeben-Katastrophenregion. Noch immer gelingen den Helfern spektakuläre Rettungen. Am Freitag ziehen sie zwei Personen, darunter ein Neugeborenes, aus den Trümmern – über 100 Stunden nach dem verheerenden Beben.
Die Rettungshelfer können bei Katastrophen überall auf der Welt eingesetzt werden. Trifft die Schweizer Rettungskette an einem Ort ein, stellen die Helfer als Erstes das Basislager auf. Diese kleine Zeltstadt funktioniert weitgehend autark. Lediglich Wasser und Benzin benötigen die Helfer vor Ort, ansonsten bringen sie alles selbst mit. Rund 17 Tonnen Material haben die Retter in die Türkei mitgenommen. Die Güter reichen für zehn Tage ohne externe Versorgung.
Auch Blick-Reporter Benjamin Fisch lebte in den vergangenen Tagen im Camp der Schweizer Retter nahe der Stadt Antakya. «Das Camp dient während des Einsatzes in einem Katastrophengebiet als Rückzugsort und Ort der Ruhe», sagt er. So könnten sich die Retter nach einem Einsatz besprechen, Debriefings abhalten oder sich zurückziehen.
Gegessen wird Astronautennahrung
Unterteilt ist das Camp in verschiedene Bereiche. Im Wohnbereich wurden Zweierzelte aufgebaut. Die Hundeführer schlafen mit den Hunden im gleichen Zelt. Hier erholen sich die Retter nach ihren Einsätzen in den Trümmerhaufen. Zwölf Stunden dauert eine Rettungsschicht, dazu kommt die An- und Abreise. «Pro Tag erhalten die Retter vielleicht fünf bis sieben Stunden Schlaf», sagt Fisch. «Die Arbeit ist extrem kräftezehrend, weil auch in der Nacht bei Minustemperaturen gerettet wird.»
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Damit die Männer und Frauen nach den Einsätzen wieder zu Kräften kommen, gibt es ein eigenes Verpflegungszelt. Gegessen wird Astronautennahrung. Die Portionen sind eingeschweisst und können mit heissem Wasser aufgekocht werden. Es gibt verschiedene Menüs, dazu kleinere Verpflegungen wie Militärschoggi, Tee und Kaffee. «Ich war positiv überrascht vom Essen», verrät Fisch. «Dass es genügend gutes Essen gibt, ist wichtig, um Kraft tanken zu können.»
Aufgeben ist keine Option
Daneben gibt es auch separate WC- und Dusch-Zelte. Die WCs funktionieren ohne Wasser. Strom gibts über Generatoren. Das Benzin dafür konnten die Retter vor Ort beschaffen. «Es ist alles sehr einfach gehalten – aber es funktioniert», sagt Reporter Fisch.
Damit der Betrieb des Dorfs reibungslos läuft, gibt es ein eigenes Supportteam. Dieses kümmert sich beispielsweise darum, dass stets Wasser vorhanden oder der Transport der Mannschaft sichergestellt ist. Weil die Telefon- und Internetverbindungen vor Ort instabil sind, hat das Team zudem Satellitentelefone für den Notfall dabei.
In der Crew findet sich beispielsweise ein Arzt, der kleinere Verletzungen bei den Rettern pflegt oder auch die Rettungshunde medizinisch versorgt. Ebenfalls mit dabei ist ein Gebäudetechniker. Vor jedem Einsatz beurteilt er die Stabilität der Gebäude, damit sich die Retter nicht in Gefahr begeben. Die freiwilligen Helferinnen und Helfer selbst haben verschiedene berufliche Hintergründe, unter anderen sind Militär-Durchdiener dabei. Der Jüngste ist 18 Jahre alt.
Vor der Arbeit des Teams hat Blick-Reporter Benjamin Fisch grossen Respekt. «Aufgeben ist für niemanden vor Ort eine Option. Die Arbeit ist hart und intensiv – aber die Retter kämpfen für jedes Menschenleben, solange es Hoffnung gibt.»