Sie schrie immer wieder um Hilfe, doch niemand in der Nachbarschaft will etwas gehört haben. 22 Jahre wurde eine Frau von ihrem Bruder festgehalten. Das Geschehen ereignete sich im süditalienischen Dorf Casalcipranoin, in dem gerade einmal 550 Menschen leben. Wie «Bild» schreibt, lebte die heute 67-jährige Frau völlig isoliert von der Aussenwelt.
1995 verwitwete die Italienerin mit nur 40 Jahren. Daraufhin bot ihr Bruder an, dass sie bei ihm und seiner Frau einziehen könnte. «Damit du nicht allein bist», sagte er. Die Frau war in dem Haus aufgewachsen. Die ersten fünf Jahre lebte sie im alten Elternzimmer, doch dann verlangte ihr Bruder, dass sie in einen winzigen Raum neben einem Holzschuppen zügelt.
Ab dann nahm das Grauen seinen Lauf: Wenn der Bruder oder seine Frau das Haus verliessen, dann banden sie die Schwester mit einem Strick an einen Nagel in der Wand. Wenn die Gefangene unaufgefordert sprach, gab es Ohrfeigen und Beleidigungen. Nur einmal im Monat durfte sie sich waschen.
Scheinbar hörte niemand die Hilfeschreie
Die Frau schrie immer wieder um Hilfe, wenn ihre Peiniger ausser Haus waren und sie angebunden im Zimmer sitzen musste. Sie hämmerte gegen das Fenster, wenn Menschen draussen vorbeiliefen – doch kein einziger Dorfbewohner versuchte, der Gefangenen zu helfen. Denn angeblich bekam es niemand mit.
Nach 22 Jahren gingen endlich doch zwei anonyme Briefe bei der Polizei ein, die auf die Straftat des Bruders hinwiesen. Als die Polizei das Haus betrat, um sie zu befreien, traute sie ihren Augen kaum. «Ihr seid wirklich hierhergekommen, um mich zu retten? Danke, ich bin jetzt frei», sagte die Frau ungläubig. Sie trug die gleiche Kleidung wie vor 22 Jahren. Heute wird sie professionell betreut und lebt an einem anderen Ort.
Die schrecklichen Taten geschahen vermutlich wegen der Geldgier des Paares. Denn die Verwitwete bekam eine Hinterbliebenenrente von 400 Euro im Monat. Dieses Geld behielten Bruder und Schwägerin aber für sich. Jetzt wird gegen sie ermittelt. (jwg)