Analyse von Militär-Experten
Darum findet Putin Friedensverhandlungen unnötig

Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine wurden bereits öfters ins Spiel gebracht. Allerdings scheint es aktuell unwahrscheinlich, dass es zu solchen kommen wird. Das hat nicht zuletzt mit der Strategie Wladimir Putins zu tun.
Publiziert: 27.03.2023 um 17:34 Uhr
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Die Rufe nach Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine werden immer lauter.
Foto: keystone-sda.ch

Darüber, wie der Ukraine-Krieg dereinst beendet werden soll, herrscht aktuell eine hitzige Debatte. Auf dem Schlachtfeld – oder am Verhandlungstisch?

Laut einer Einschätzung der Experten von der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) soll zumindest Russlands Präsident Wladimir Putin (70) kein Interesse an Verhandlungen haben. Der Kremlchef sei überzeugt, dass seine Truppen durchaus einen «vollständigen Sieg» erringen könnten, schreibt das ISW.

Offensivoperationen gleichen strategischem Fehlverhalten

Putin sehe sich schlicht nicht in der Position, Kompromisse mit der Ukraine oder dem Westen eingehen zu müssen. Stattdessen konzentriere er sich weiterhin darauf, seine ursprünglichen Kriegsziele durch einen langwierigen Konflikt zu erreichen.

Die Fortsetzung der russischen Offensivoperationen um die hochumkämpfte Stadt Bachmut sowie entlang der Frontlinien in Luhansk und im Westen von Donezk sind ein Indiz dafür, wie ernst es dem Kremlchef mit seinen Kriegsplänen ist.

Allerdings könnte für Putin der Schuss auch nach hinten losgehen. «Putins Fortführung dieser russischen Offensivoperationen kommt einem strategischen Fehlverhalten gleich», schätzt das ISW ein. Denn der Kremlchef setze so die russische Kampfkraft für bedeutungslose Gewinne ein, anstatt seine Truppen auf eine potenzielle ukrainische Gegenoffensive vorzubereiten.

Putin will Westen kriegsmüde machen

Andererseits könnte Putin auch genau darauf abzielen. Denn durch sein hartnäckiges Festhalten an den Offensivoperationen besteht die Chance, den Krieg auf unbestimmte Zeit hinauszögern, schreibt das ISW. Irgendwann, so das Kalkül des Kremlchefs, wird der Westen die kostspieligen Militärhilfen einstellen. Die Ukraine wäre Russland somit ausgeliefert und Putin könnte seine Bedingungen für eine Verhandlungslösung diktieren.

Dazu gehören die internationale Anerkennung der russischen Annexion der gesamten Oblaste Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson, die ukrainische «Neutralität», die «Entmilitarisierung» der Ukraine und die «Entnazifizierung» der ukrainischen Regierung.

«Eine erfolgreiche Serie von ukrainischen Gegenoffensiven ist daher mit ziemlicher Sicherheit notwendig, um Putin zu Verhandlungen zu anderen Bedingungen als der Erreichung aller seiner erklärten Ziele zu bewegen», schätzt das ISW ein.

Ob Putin diese militärischen Realitäten aber jemals akzeptieren würde, scheint unwahrscheinlich. Vielmehr könnte er sich entschliessen, die Kämpfe fortzusetzen, um alle seine Ziele zu erreichen. Eine Verhandlungslösung könnte daher unerreichbar sein. (ced)

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