Erst noch galt die tödliche Krankheit Ebola als das grosse Problem, doch schon folgt eine neue Seuche. Das Coronavirus schlägt nun auch in Afrika zu, nachdem es diesen Kontinent anfänglich verschont hatte. Inzwischen hat es nachweislich in 26 der 54 Länder Fuss gefasst. Mehrere Regierungen haben die Grenzen geschlossen, Flüge werden annulliert.
Damit treffen die Befürchtungen der WHO ein. Deren äthiopischer Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus (55) sagte vor kurzem: «Unsere grösste Sorge ist, dass sich das Virus in Ländern mit schwachen Gesundheitssystemen ausbreitet.»
In solchen Gebieten ist ein Punkt daher besonders wichtig. Silke Oldenburg, Afrika-Expertin beim Departement Gesellschaftswissenschaften an der Uni Basel, sagt zu BLICK: «Es ist von zentraler Bedeutung, wie die Regierungen die Gefahr gegenüber ihren Bevölkerungen kommunizieren können – gerade beim Coronavirus, bei dem die Leute im Gegensatz zu andern Erregern eine nur harmlose Symptomatik wahrnehmen können.»
Unwissen und Gerüchte
Till Förster, Gründungsdirektor des Zentrums für Afrika-Studien an der Uni Basel, erklärt: «Ich war im Januar und Februar in Afrika und habe mit Freunden gesprochen, die keine gute Schulbildung haben. Die Vorstellung eines Virus, das keinen Stoffwechsel haben soll und dennoch den menschlichen Körper angreift, ist ihnen zu einem Teil so fremd, dass sie gar nicht glauben wollen, dass es so etwas gibt.»
Auch rankten sich alle möglichen Gerüchte und Verschwörungstheorien um die Verbreitung des Coronavirus, etwa, dass es sich um eine Attacke der Chinesen, Amerikaner oder Europäer handle.
In Afrika herrscht generell ein viel engerer körperlicher Kontakt als etwa in Europa. Social Distancing, bei dem sich Menschen möglichst ausweichen, ist in Afrika daher viel schwieriger durchzusetzen. Silke Oldenburg: «Man trifft sich auf Märkten, bezahlt mit Bargeld, sitzt in Kirchen, Moscheen und Bussen sehr eng nebeneinander. Solche Mechanismen öffnen dem neuen Coronavirus Tür und Tor.»
Mehr mit der Karte zahlen
Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa (67) hat inzwischen den nationalen Notstand ausgerufen und warnte, dass der Ausbruch «potenziell dauerhafte» Auswirkungen auf die am weitesten entwickelte Wirtschaft des Kontinents haben könnte, die sich bereits in einer Rezession befände. «Jedem Ausländer, der in den letzten 20 Tagen Länder mit hohem Risiko besucht hat, wird ein Visum verweigert», sagte er.
Der kenianische Präsident Uhuru Kenyatta (58) sagte, seine Regierung setze Reisen aus jedem Land mit gemeldeten Covid-19-Fällen aus. Schulen sollten sofort schliessen. Die Bürger würden ermutigt, bargeldlose Transaktionen zu tätigen, um das Risiko des Umgangs mit kontaminiertem Geld zu verringern.
Hitze macht Virus den Garaus
Vier Vorteile haben die Afrikaner in der Corona-Krise allerdings:
- Sie hatten mehr Zeit, sich auf die Ankunft des Virus vorzubereiten.
- Sie haben teilweise mehr Erfahrung, wie man gegen Seuchen vorgeht. «Jene Länder, die von Ebola betroffen waren, verfügen über Isolierungsmöglichkeiten und das Fachwissen, wie man mit Infektionskrankheiten umgeht», sagt Silke Oldenburg.
- Das heisse Klima könnte im Kampf gegen Corona ein wichtiger Faktor sein. Bei andern Viren hat sich jedenfalls gezeigt, dass Hitze deren Ausbreitung eindämmte.
- Die Bevölkerung in den meisten afrikanischen Ländern ist viel jünger als in Europa oder den USA. Der Anteil der besonders gefährdeten Personen ist entsprechend kleiner.
Zu hoffen ist dennoch, dass die Afrikaner auf die warnenden Worte ihrer Regierungen hören und die angeordneten Massnahmen befolgen. Alles andere wäre angesichts der desolaten medizinischen Infrastruktur verheerend.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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