Ärzte sind verzweifelt
Corona-Zahlen explodieren im Osten Europas

In Kroatien, Polen, Tschechien und der Slowakei steigen die Corona-Zahlen stark an. Die Regierungen bitten die Bürger um Vernunft, Ärzte sprechen von «nicht existierenden Gesundheitssystemen».
Publiziert: 31.10.2021 um 17:02 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2021 um 11:36 Uhr
Der polnische Gesundheitsminister Adam Niedzielski bittet die Bevölkerung, die Masken wieder anzuziehen. Auch in anderen europäischen Ländern sind die Corona-Zahlen in den letzten Tagen stark gestiegen.
Foto: keystone-sda.ch

Die Slowakei ist seit Sonntag in Deutschland als Corona-Hochrisikogebiet eingestuft. Dramatische Anstiege der Corona-Neuinfektionen verzeichnen auch ihre Nachbarländer Tschechien und Polen. Und in Kroatien kritisieren Ärzte die Regierung stark.

Tschechien meldete am Sonntag erstmals seit März wieder mehr als 5000 Neuinfektionen an einem Wochenendtag. Die Zahl der im Krankenhaus behandelten Covid-19-Patienten war mit nahezu 1500 so hoch wie seit dem Frühling nicht mehr. Die Inzidenz stieg in Tschechien schon am Freitag auf 312 Neuinfektionen pro 100'000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen.

«Gesunder Menschenverstand gebietet, Maske zu tragen»

Der polnische Gesundheitsminister Adam Niedzielski rief seine Landsleute am Sonntag auf, bei Friedhofsbesuchen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Die Nachrichtenagentur PAP zitierte ihn: «Es gibt keine Vorschrift, auch im Freien eine Maske zu tragen, aber der gesunde Menschenverstand gebietet diese Vorsorgemassnahme für sich selbst und die anderen.» Sein Ministerium hatte am Vortag mit 9798 Neuinfektionen in 24 Stunden den höchsten Wert seit dem Frühjahr gemeldet.

Vize-Gesundheitsminister Waldemar Kraska räumte in einem TV-Interview ein, die tatsächlichen Infektionszahlen könnten bis zu fünfmal höher sein als die statistisch erhobenen.

Positive PCR-Tests stiegen um 125 Prozent

Die nur 5,5 Millionen Einwohner zählende Slowakei meldete am Sonntag über 4000 Neuinfektionen an einem Tag. Als besonders dramatisch bezeichneten die Gesundheitsbehörden in Bratislava, dass der Anteil der positiven PCR-Tests innerhalb einer Woche um 125 Prozent gestiegen sei.

Sorgen bereiten aggressive Aktionen von Impfgegnern. Neben lauten Demonstrationen vor den Privatwohnungen von Gesundheitsexperten wurden wiederholt mobile Impfbusse angegriffen, worauf laufende Impfaktionen abgebrochen werden mussten. Die Slowakei hat mit nur 43,5 Prozent vollständig gegen Covid-19 Geimpften eine der niedrigsten Impfquoten der EU.

Kroatische Ärzte besorgt

Kroatiens Verband der Krankenhausärzte (Hubol) ist wegen drohender Überlastung durch schwer kranke Covid-Patienten besorgt. Kroatiens Gesundheitssystem «existiert nicht mehr», hiess es laut kroatischen Medien in einer Stellungnahme vom Sonntag. «Das System existiert nicht, wenn man Beziehungen braucht, um eher an ein Bett zu gelangen, das mit Sauerstoff versorgt wird.»

Zugleich kritisierte der Verband die Regierung. Während «Patienten mit einer Covid-Erkrankung stundenlang im Krankenhaus warten, weil keine Plätze frei sind», würden oberste Regierungsbeamte das Thema «auf der Ebene überheblicher narzisstischer Jugendlicher» behandeln.

Derzeit befinden sich in Kroatien 1418 Corona-Patienten in Krankenhausbehandlung, davon 170 mit Beatmungsgerät. Die 7-Tage-Inzidenz stieg nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität während der letzten zwei Wochen steil an: Bis Sonntag waren es 587,9 Neuansteckungen pro 100'000 Einwohner. 52,6 Prozent der Bevölkerung hatte den vollen Impfschutz. (SDA)

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