Trifft sich ein US-Präsident mit einem «seelenlosen Mörder», kann es sich nur um den Biden-Putin-Gipfel handeln. So knallhart bezeichnete Joe Biden (78) nämlich seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin (68) in einem TV-Interview vom März.
Nur drei Monate später wollen beide trotzdem an einen Tisch. In Genf. Schon am 16. Juni steht das Gipfeltreffen der beiden Staatschefs an – exakt zwei Jahre und elf Monate nach dem US-Russland-Gipfel von Bidens Vorgänger Donald Trump (74) in der finnischen Hauptstadt Helsinki. Man wolle «strategische Stabilität und Vorhersehbarkeit» wiederherstellen und über die «wichtigsten Probleme» sprechen, teilte das Weisse Haus am Dienstag mit.
Drei Themen stehen bereits auf der Agenda:
1. Abrüstung
Kurz nach Bidens Amtsantritt verlängerten die USA und Russland den atomaren Abrüstungsvertrag «New Start» für fünf Jahre – zusammen besitzen sie rund 90 Prozent des weltweiten Bestandes. Allerdings hat sich seit der Aushandlung im Jahr 2010 einiges verändert, der Vertrag deckt etwa neue Waffentechnologien und Weltraum-Infrastruktur für militärische Zwecke nicht ab. Zudem bereitet beiden Staatschefs die atomare Aufrüstung anderer Länder Sorgen.
2. Ukraine-Konflikt
Russland-Expertin Tatjana Stanowaja von der Denkfabrik Carnegie Moscow Center beobachtet, dass die Rhetorik Moskaus gegenüber der Ukraine weicher geworden ist – vermutlich wegen des Gipfeltreffens mit Biden.
«Putin hat jetzt etwas zu verlieren, was ihn bei seiner unmittelbaren Aussenpolitik vorsichtiger macht», so Stanowaja zu Blick. «Moskau will den Zugang zu zwei russischen diplomatischen Einrichtungen in den USA wiederherstellen.»
Im April hatte die Biden-Regierung wegen der Kreml-Einmischung in die US-Wahlen 2020 und Hackerangriffen auf Bundesbehörden zehn russische Diplomaten ausgewiesen und Sanktionen gegen mehrere Dutzend Personen und Unternehmen verhängt.
3. Belarus-Krise
Biden hat die Flugzeugentführung und Verhaftung des Journalisten Roman Protasewitsch (26) in Minsk als «einen direkten Affront gegenüber internationalen Normen» bezeichnet. Wegen des Vorfalls wird der von Moskau gestützte Belarus-Diktator Lukaschenko nun zum Gipfel-Thema.
Polit-Urgestein Biden glaubt an Dialog – egal, wie verhärtet die Fronten sind. Davon zeugt auch ein Treffen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (71) im Jahr 2010: Israel düpierte die USA am Tag von Bidens Anreise mit neuen Siedlungsplänen in Ostjerusalem. Dennoch weigerte sich Biden (damals Vize unter Obama), direkt wieder zurückzufliegen.
In Genf treffen sich nicht nur ein US-Präsident und ein russischer Präsident, sondern gewissermassen alte Bekannte. Auch wenn der Kreml die Erwartungen offiziell dämpft: Mit Rüstungskontrolle, internationaler Sicherheit und Terrorismus-Bekämpfung haben die beiden Staatschefs eine Vielzahl gemeinsamer Interessen. Zudem gefällt Moskau, dass Biden keine Sanktionen zur Verhinderung der bereits fast fertiggestellten deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2 verhängt hat.
Dass Biden dennoch Klartext reden wird, hat er in seinem TV-Interview bereits deutlich gemacht.
Ein Konflikt löst sich am besten auf neutralem Grund. Das wussten 1985 schon Michail Gorbatschow (90) – damals Generalsekretär der Kommunistischen Partei, später Staatspräsident der Sowjetunion – und US-Präsident Ronald Reagan (1911–2004): Auch sie trafen sich damals in Genf, um über die atomare Abrüstung und die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu sprechen. Es war ein Wendepunkt im Kalten Krieg zwischen den beiden Supermächten, dem Reagan als «Friedensmission» und Gorbatschow «ohne Erwartungen» entgegengesehen hatten. In einer gemeinsamen Abschlusserklärung einigten sich die beiden Staatschefs auf einen Kompromiss. Und auf den zentralen Satz, dass «ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals ausgefochten werden darf» – das «Gleichgewicht des Schreckens», von dem schon US-Präsident John F. Kennedy (1917–1963) in seiner Antrittsrede sprach.
Ein Konflikt löst sich am besten auf neutralem Grund. Das wussten 1985 schon Michail Gorbatschow (90) – damals Generalsekretär der Kommunistischen Partei, später Staatspräsident der Sowjetunion – und US-Präsident Ronald Reagan (1911–2004): Auch sie trafen sich damals in Genf, um über die atomare Abrüstung und die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu sprechen. Es war ein Wendepunkt im Kalten Krieg zwischen den beiden Supermächten, dem Reagan als «Friedensmission» und Gorbatschow «ohne Erwartungen» entgegengesehen hatten. In einer gemeinsamen Abschlusserklärung einigten sich die beiden Staatschefs auf einen Kompromiss. Und auf den zentralen Satz, dass «ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals ausgefochten werden darf» – das «Gleichgewicht des Schreckens», von dem schon US-Präsident John F. Kennedy (1917–1963) in seiner Antrittsrede sprach.