Rafah galt bis Anfang Mai als die letzte noch weitgehend intakte Stadt im Gazastreifen. Während israelische Bodenoffensiven in Städten wie Khan Younis oder Gaza-Stadt in den vergangenen Monaten flächendeckend für Zerstörung sorgten, suchten über eine Million Palästinenser Schutz in der an Ägypten grenzenden Stadt. Dies auf zahlreiche Evakuierungsanordnungen der israelischen Armee.
Doch nun wurde auch Rafah zum Kampfgebiet erklärt. Die umstrittene israelische Bodenoffensive ist trotz internationaler Warnungen gestartet. Für die rund 1,3 Millionen Menschen, die in der südlichen Stadt Zuflucht suchten, bedeutete das vor allem eins: Erneut müssen sie fliehen.
Mehr zur Lage im Nahen Osten
Hunderttausende verlassen Rafah
Gemäss der israelischen Armee haben sich bis Montag bereits 900'000 Palästinenser auf die Flucht gemacht. Scott Anderson, Direktor des Uno-Palästinenserhilfswerks UNRWA in Gaza, hält diese Zahl für plausibel. Ihm zufolge hat die Uno am Sonntag noch 800'000 Vertriebene gezählt. Bedeutet auch: Es dürften sich noch immer rund 400'000 bis 500'000 Palästinenser in der südlichen Stadt befinden.
Satellitenbilder zeigen die Massenevakuierung aus Rafah. Im Stadtteil Ash Shabourah waren auf Aufnahmen vom 5. Mai noch zahlreiche Zelte zu erkennen. Sie standen zwischen Häusern, in Innenhöfen und auf so ziemlich allen anderen dafür geeigneten Flächen. Nachdem an 6. Mai die Evakuierung von der israelischen Armee angeordnet wurde, ist auf Satellitenbildern vom 8. Mai nur noch ein Bruchteil der Zelte zu erkennen. Viele der Notunterkünfte sind grösseren Sandflecken gewichen.
Ähnlich sieht es auch im Flüchtlingslager Tall al-Sultan aus. Wo am 5. Mai noch Hunderte von Zelten standen, ist jetzt grösstenteils Sand zu erkennen. Das «Wall Street Journal» berichtet unterdessen, dass die Geflohenen in einem anderen Abschnitt nahe der Küste Zuflucht gefunden haben. Dieser liegt weiter nördlich, soll aber kaum über Zugang zu humanitärer Hilfe verfügen.