299 identifizierte Opfer
Französischer Arzt könnte noch mehr missbraucht haben

Ein französischer Arzt, der sich wegen 299 Missbrauchsfällen vor Gericht verantwortet, könnte noch mehr Opfer haben. Die Staatsanwaltschaft in Rennes hat neue Ermittlungen eingeleitet, um weitere mögliche Betroffene zu identifizieren.
Publiziert: 20.03.2025 um 17:09 Uhr
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Aktualisiert: 21.03.2025 um 08:25 Uhr
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Der ehemalige Chirurg Joël Le Scouarnec muss sich seit Februar wegen Missbrauchs von 299 Patienten vor Gericht verantworten, …
Foto: AFP

Darum gehts

  • Französischer Arzt wegen Missbrauchsfällen vor Gericht, neue Ermittlungen eingeleitet
  • Tagebücher des Arztes enthüllten detaillierte Schilderungen von Hunderten Missbrauchsfällen
  • 299 identifizierte Opfer, durchschnittlich 11 Jahre alt, bis zu 20 Jahre Haft drohen
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Ein derzeit wegen 299 Missbrauchsfällen vor Gericht stehender französischer Arzt hat möglicherweise noch mehr Menschen missbraucht als bisher bekannt. Die französische Justiz habe neue Ermittlungen eingeleitet, um weitere Opfer zu finden, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag in Rennes mit. «Es ist durchaus möglich, dass manche Opfer noch nicht identifiziert sind», erklärte die Staatsanwaltschaft.

Der ehemalige Chirurg Joël Le Scouarnec muss sich seit Februar wegen Missbrauchs von 299 Patienten vor Gericht verantworten, die meisten von ihnen Kinder. Seine Opfer waren im Schnitt elf Jahre alt. Der 74-Jährige hatte seine Taten zu Prozessbeginn weitgehend gestanden. Nach Darstellung der Anklage verging er sich an seinen jungen Patientinnen und Patienten unter dem Vorwand von Untersuchungen oder während sie unter Narkose standen.

Akribisch über Taten Tagebuch geführt

Le Scouarnec war bereits 2020 wegen Missbrauchs und Vergewaltigung von vier Mädchen zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Die Ermittler waren bei den Ermittlungen zu diesen Fällen auf Tagebücher des Arztes gestossen, in denen er detailliert den Missbrauch oder die Vergewaltigung Hunderter Kinder schilderte. Häufig notierte er dazu Namen und Alter, weswegen rund 300 Opfer identifiziert werden konnten.

Manche der Namen aus den Tagebüchern seien bislang jedoch nicht zugeordnet worden, erklärte die Staatsanwaltschaft nun. Einige der mutmasslichen Opfer hätten noch nicht angehört werden können.

Karriere trotz Verurteilung wegen Kinderpornografie

Die Opferanwältin Francesca Satta bezeichnete die Aufnahme der Ermittlungen als «grossen Fortschritt». «Mich kontaktieren ständig weitere Menschen, die mich fragen, ob sie möglicherweise auch zu den Opfern zählen», sagte sie. Eine Stiftung fordert ausserdem, von der Krankenkasse eine vollständige Patientenliste des Chirurgen anzufordern.

Le Scouarnec arbeitete in rund zwölf verschiedenen Krankenhäusern im Westen Frankreichs. Obwohl manche seiner Chefs und Kollegen wussten, dass er bereits früher wegen Kinderpornografie verurteilt worden war, behinderte dies nicht seine Karriere. Der Prozess ist auf vier Monate angesetzt. Dem Angeklagten drohen bis zu 20 Jahre Haft.

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