Vor dem am Samstagvormittag beginnenden AfD-Parteitag im sächsischen Riesa haben erste Protestveranstaltungen begonnen. Die Lage sei dynamisch, aber ruhig, sagte ein Polizeisprecher am Morgen. Vereinzelt habe es Versuche gegeben, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen. Auch Feuerwerkskörper sollen auf Polizisten geworfen worden sein und Pfefferspray wurde eingesetzt. Weiter wären einige Einsatzfahrzeuge beschädigt oder beschmiert worden. Zwei Polizisten wurden leicht verletzt.
Kurz vor Mittag wird klar: Der Beginn des Parteitags muss aufgrund der anhaltenden Proteste verschoben werden. Der AfD-Co-Vorsitzender Tino Chrupalla (49) eröffnete die Zusammenkunft schlussendlich mit mehr als zwei Stunden Verspätung. Kurz nach Mittag ist es dann klar: Alice Weidel ist die offizielle Kandidatin für das Bundeskanzler-Amt. Sie wurde einstimmig gewählt. Mit der 45-Jährigen kürte die Partei am Samstag erstmals in ihrer Geschichte eine eigene Kanzlerkandidatin.
Demonstranten verhalten sich wie «Antidemokraten und Terroristen»
Chrupalla machte den Demonstrierenden zur Eröffnung des Parteitags schwere Vorwürfe. Wer Parteitagsteilnehmer bedrohe und Polizisten angreife, verhalte sich «wie Antidemokraten und Terroristen», sagte er. Chrupalla dankte den Sicherheitskräften für ihren Einsatz.
Es seien bereits viele Menschen vor Ort in Riesa oder unterwegs in die Stadt. Die Polizei hatte im Vorfeld erklärt, mit bis zu 10'000 Demonstranten gegen die in Teilen als rechtsextremistisch eingestufte Partei zu rechnen.
«Vielfalt, Solidarität und Offenheit»
«Wir füllen Riesas Strassen heute mit Vielfalt, Solidarität und Offenheit und versammeln uns massenhaft vor den Zugängen zum AfD-Parteitag», sagte Mascha Meier vom Aktionsbündnis Widersetzen. Die Gruppe erklärte, die Anreise von AfD-Delegierten sei an mehreren Punkten behindert worden.
Rund 40 Prozent der Zweitstimmen für die AfD kamen bei der letzten Landtagswahl aus Riesa. Den Parteitag dort abzuhalten, schien also naheliegend. Für den Schutz der rund 600 Delegierten mussten dennoch knapp 3200 Einsatzkräfte aufgeboten werden.
Weidel will Windräder «niederreissen» und Kernkraftwerke «wieder ans Netz nehmen»
Die frisch gewählte AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel hat angekündigt, dass eine Regierung unter ihrer Beteiligung «alle Windräder niederreissen» wird. «Nieder mit diesen Windmühlen der Schande», sagte Weidel kurz nach ihrer Wahl am Samstag beim Parteitag im sächsischen Riesa. Zudem kündigte sie an, dass eine AfD-Regierung funktionsfähige Kernkraftwerke «natürlich wieder ans Netz nehmen» werde. Für Kohlekraftwerke forderte sie längere Laufzeiten.
In ihrer Rede skizzierte sie ihre Pläne, welche Maßnahmen sie in den ersten 100 Tagen nach einer Machtübernahme umsetzen wolle. Darin versprach sie für diesen Fall auch, dass Deutschland wieder russisches Gas aus der Nordstream-Pipeline durch die Ostsee beziehen wird. «Wir werden Nordstream wieder in Betrieb nehmen, darauf können Sie sich verlassen», sagte Weidel.
Weiter dankte sie auch Elon Musk, da er den Stream des Parteitags auf seiner X-Plattform teilte, und sprach zum ersten Mal von «Remigration», wie das «Compact Magazin» berichtete.
In Riesa wählte die AfD Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel zur ersten Kanzlerkandidatin in ihrer Geschichte. Zudem sollen die Delegierten das Programm für die Bundestagswahl am 23. Februar verabschieden. Der Entwurf sieht insbesondere einen Ausstieg aus dem Euro und einen harten Kurs in der Migrationspolitik vor.
In aktuellen Umfragen liegt die AfD bundesweit bei rund 18 bis 21 Prozent auf Platz zwei. Weidel leitete daraus bereits mehrfach einen Regierungsanspruch ab - die anderen Parteien schlossen eine Koalition jedoch aus.