Pflegerin verspielte 24'000 Franken – an einem Tag
Aufsichtsbehörde ermittelt gegen das Grand Casino Baden

Eine Frau hat beim Grand Casino Baden online ihren ganzen Jahreslohn verspielt. Nach der «Beobachter»-Recherche hat die zuständige Aufsichtsbehörde nun eine Untersuchung eingeleitet – und stellt sich der Kritik.
Publiziert: 02.07.2025 um 15:06 Uhr
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Eine Pflegerin verspielte auf jackpots.ch viel Geld.
Foto: screenshot (jackpots.ch)

Darum gehts

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Lukas Lippert
Beobachter

In einem schmucken Altbau am Eigerplatz in Bern wird die Casinobranche überwacht. Die Eidgenössische Spielbankenkommission ESBK vergibt hier faktisch Lizenzen zum Gelddrucken. Eine Konzession der Behörde ermöglicht ein Millionengeschäft.

15 Casinos und 10 Online-Plattformen besitzen aktuell solche Bewilligungen. Sie müssen im Gegenzug dafür sorgen, dass Spielende vor «exzessivem» Gambling geschützt werden. So steht es im Gesetz. Wie die Casinos diese Vorgabe allerdings umsetzen, ist geheim.

ESBK-Chef verweist auf fehlende Rechtsgrundlage

Der «Beobachter» konnte kürzlich erstmals interne Schutzkonzepte von Jackpots.ch einsehen, dem Onlineportal des Grand Casinos Baden. Die Konzepte liessen zu, dass eine Pflegerin ihren Jahreslohn verspielte. Sie erlauben auch, dass jemand 24'000 Franken an einem einzigen Tag verliert. Wie kann das sein?

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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«Natürlich ist es nicht gut, wenn Spielsüchtige ihren Jahreslohn verspielen können», sagt der oberste Casino-Aufseher Thomas Fritschi, der die ESBK seit 2022 leitet. «Das ist genauso problematisch, wie dass Alkoholkranke Wein kaufen können.» Es gebe aber keine rechtliche Grundlage, den Casinos Schwellenwerte vorzuschreiben, ab denen sie Spielende überprüfen müssen.

Casino Baden kassierte Geldstrafe

Bräuchte es denn solche Schwellenwerte? Er sehe keinen Handlungsbedarf, sagt Fritschi. Es sei grundsätzlich richtig, dass jedes Casino selbständig für sich zugeschnittene Massnahmen definiere. Nationale Schwellenwerte seien nicht sinnvoll. In Crans-Montana habe die Casino-Klientel andere finanzielle Möglichkeiten als in Bad Ragaz.

Auch den Schwellenwert von 24'000 Franken pro Tag beim Grand Casino Baden findet Fritschi nicht per se schlecht. «Ich kann mir vorstellen, dass es einzelne Spielende gibt, die einen solchen Verlust verkraften.» Entscheidend sei der vorgelagerte Prozess, wie ein Casino mit solchen «High Rollers» umgeht.

Stichprobenkontrollen nehme man ernst

Das Schutzkonzept wurde 2021 von der ESBK abgenommen. Das heisse aber nicht, dass damit jeder Fall bis ins letzte Detail geregelt sei, sagt Fritschi. Entscheidend sei auch hier die Umsetzung.

«Wir kontrollieren stichprobenartig, ob der Schutz der Spielenden in der Praxis wirksam ist.» Und diese Rolle nehme man sehr ernst. Seine Behörde inspiziere fast alle Casinos und deren Onlineportale mindestens einmal jährlich – entweder aufgrund von Hinweisen Dritter, den Spielenden selbst oder nach eigener «risikobasierter Einschätzung».

Fünf Verfahren in fünf Jahren

Die ESBK-Inspektorinnen und -Inspektoren lassen sich dabei Dossiers von einzelnen Spielern und Spielerinnen zeigen. Online-Casinos kennen jeden Klick und können detailliert zeigen, wie das Spielverhalten war und welche Beträge wie und wann eingezahlt wurden.

In den letzten fünf Jahren habe die ESBK aufgrund dieser Kontrollen sieben Verwaltungsstrafverfahren gegen Casinobetreiber in der Schweiz geführt. Vier davon wurden bereits sanktioniert, teils mit hohen Geldstrafen – immer auch wegen mangelhaftem Spielerschutz, darunter das Grand Casino Baden. Drei Verfahren seien noch hängig.

Interne Dokumente herausverlangt

«Trotzdem kann es vorkommen, dass Fälle nicht entdeckt werden, die es eigentlich nicht geben dürfte», räumt Fritschi ein – wie den der Pflegerin, über die der «Beobachter» berichtet hat. «Wir haben den Fall nicht gekannt und sind erst durch die Berichterstattung darauf aufmerksam geworden.»

Die ESBK untersuche den Fall. Man habe beim Grand Casino Baden die internen Dokumente dazu verlangt. Ob ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werde, sei offen. «Wir als Aufsichtsbehörde sind aber nicht für jeden Spieler, jede Spielerin verantwortlich», sagt Fritschi. Das wäre mit den vorhandenen Ressourcen gar nicht umsetzbar.

Die Politik evaluiert

Aktuell läuft eine Evaluation des Geldspielgesetzes. Auch wegen eines Vorstosses der Grünen-Nationalrätin Sophie Michaud Gigon. Sie ist Präsidentin der Westschweizer Konsumentenorganisation FRC.

«Sobald die Evaluation abgeschlossen ist, werden wir mehr Daten haben, um Schwellenwerte unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls gesetzlich zu unterbinden», sagt sie. «Es kann nicht sein, dass ein Schutzkonzept zulässt, dass man 24'000 Franken pro Tag verspielen kann – ohne weitere Kontrolle.» 

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