Spieler verlieren über Hundert Millionen
Die Schweiz ist das Eldorado für illegale, ausländische Online-Casinos

Schweizer Konsumenten verlieren bei ausländischen Online-Casinos doppelt. Im Gegensatz zum benachbarten Ausland werden sie von der Justiz kaum geschützt. Das zeigen erste Gerichtsurteile.
Publiziert: 08.06.2025 um 11:17 Uhr
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Aktualisiert: 08.06.2025 um 13:47 Uhr
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Rund 180 Millionen Franken pro Jahr verlieren Schweizerinnen und Schweizer bei illegalen ausländischen Online-Casinos.
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Lukas Lippert
Beobachter

Sie heissen Bahigo, Casino World oder Lucky Dreams. Das Internet ist voll von Casino-Angeboten, die für die Schweiz keine Bewilligung haben. Sie locken mit Sonderangeboten und Bonuszahlungen, als wäre jeden Tag Black Friday. Dabei sind solche Glücksspiele ohne Konzession gesetzlich verboten – eigentlich.

Doch die zuständige Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) scheint machtlos zu sein. Sie sperrt zwar regelmässig illegale Angebote. Sofort entstehen jedoch neue, leicht abgeänderte Websites.

Für spielsüchtige Menschen ist das ein Problem. Selbst wenn sie gesperrt wurden oder sich freiwillig sperren liessen, um ihre Sucht in den Griff zu bekommen, können sie problemlos auf ausländische Anbieter ausweichen – ohne technische Hürden.

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Marktanteil von rund 40 Prozent

Einer Studie des Beratungsunternehmens KPMG zufolge haben illegale Online-Casinos in der Schweiz einen Marktanteil von rund 40 Prozent. Spielerinnen und Spieler aus der Schweiz verlieren bei ihnen rund 180 Millionen Franken pro Jahr. Das schreibt Mitte-Nationalrat Gerhard Pfister in einem Vorstoss, in dem er eine bessere Bekämpfung der illegalen Online-Casinos fordert. Nicht ganz uneigennützig. Pfister amtet als Präsident des Schweizer Casinoverbands.

Das Hauptproblem: Spieler und Spielerinnen sind den Anbietern schutzlos ausgeliefert. Es gibt aktuell kaum Möglichkeiten, juristisch gegen sie vorzugehen. Das zeigt etwa das schweizweit erste Urteil, das in der Öffentlichkeit bislang aber nicht beachtet wurde.

Ein Spieler verlor bei einem Online-Casino mit Lizenz von der Karibikinsel Curaçao rund 20’000 Franken. Er wollte sich dagegen wehren und forderte einen Teil des Verlustes zurück. Er sei nicht genügend geschützt gewesen, und das Casino habe seine Sucht ausgenutzt. Und da das Casino keine Konzession in der Schweiz gehabt habe, sei bereits das Angebot illegal gewesen.

Das Kantonsgericht Basel-Landschaft sah das anders. Es trat nicht auf die Beschwerde des Spielers ein. In ihrem Urteil vom April 2024 schrieb die Einzelrichterin, es bestehe immer ein Verlustrisiko. «Dies gilt unabhängig davon, ob ein Angebot legal oder illegal, durch einen konzessionierten oder nicht konzessionierten Anbieter erfolgt.»

Das Gericht argumentierte also mit der Eigenverantwortung. Das ist, als wäre die Oma schuld am Enkeltrick.

Anders in Deutschland und Österreich. Dort häufen sich in den letzten Jahren Urteile, die konsumentenfreundlich und weniger liberal gegenüber der Glücksspielindustrie ausfallen. Spieleinsätze können zurückgefordert werden, und es hat sich gar eine regelrechte Klageindustrie etabliert.

Es gibt Hoffnung

Wird die Schweiz also zum Eldorado für illegale Online-Casinos? «Nach wie vor fehlt ein Präjudiz auf Stufe Bundesgericht, und neben diesem konsumentenunfreundlichen Urteil gibt es unterdessen hoffnungsvollere Entscheide», sagt Anwalt Manuel Bader, der sich auf Glücksspielfälle spezialisiert hat.

«Das Problem für viele Spieler ist, dass die meisten Rechtsschutzversicherungen Glücksspiel ausgeschlossen haben.» Viele seien darum auf eine Prozessfinanzierung angewiesen. Solche Anbieter, das zeigen die Erfahrungen im Ausland, operieren in einer Grauzone.

Die von ihnen beworbenen «Sofortentschädigungen» bedeuten oft: Die Finanzierer kaufen die Forderungen von Spielsüchtigen auf – für 5 bis 15 Prozent des Verlusts – und klagen sie selbst ein. Für Spielende bedeutet das: Sie erhalten zwar schnell einen kleinen Betrag, verlieren dafür aber ihre Ansprüche.

Bader warnt darum davor, voreilig einen Finanzierungsvertrag zu unterschreiben und den eigenen Prozess abzutreten. «Ich rate meinen Klienten, auf ein Präjudiz des Bundesgerichts zu warten und erst dann zu klagen – sofern die laufende Verjährungsfrist dies zulässt.»

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