Afghaninnen trainieren mit GC- und Wolfsburg-Frauen
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Sommercamp in Zürich:Afghaninnen trainieren mit GC- und Wolfsburg-Frauen

Weil sie den Sport liebt, wurde ein Mordanschlag auf sie verübt
Khalida Popal setzt ihr Leben aufs Spiel für den Frauenfussball

Khalida Popal kämpft für den Frauenfussball in Afghanistan – trotz Taliban-Unterdrückung. Die 38-jährige Aktivistin gründete 2007 das afghanische Frauen-Nationalteam. Nach einem Mordanschlag musste sie flüchten und setzt sich heute für geflüchtete Spielerinnen ein.
Publiziert: 22.06.2025 um 20:24 Uhr
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Khalida Popal kämpft für den Frauenfussball in Afghanistan – trotz Widerstand.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Khalida Popal kämpft für Frauenfussball in Afghanistan trotz Taliban-Herrschaft
  • Sommercamp in Zürich fördert interkulturellen Austausch durch Fussball
  • 2007 gründete Popal die erste afghanische Frauen-Nationalmannschaft mit Tausenden Spielerinnen
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Pascal KeuschRedaktor Sport

Frauenfussball in Afghanistan – kaum vorstellbar in einem Land, in dem Frauen systematisch unterdrückt, aus dem öffentlichen Leben verdrängt und ihrer Grundrechte beraubt werden.

Khalida Popal (38) kämpft gegen diese Unterdrückung. Ihrem Engagement ist es zu verdanken, dass afghanische Fussballerinnen heute sogar in einem Camp in Zürich gemeinsam mit verschiedenen Juniorinnen-Teams trainieren können. Schon als Kind spielte sie mit ihren Brüdern auf der Strasse Fussball. Als die Taliban 1996 an die Macht kamen, floh ihre Familie nach Pakistan. Nach dem Fall der Taliban 2001 dribbelte Khalida den Ball wieder durch die Strassen Kabuls.

Je älter sie wurde, umso kritischer wurden die Blicke und schärfer die Zungen der Nachbarn. Im Gespräch mit Blick erklärt sie: «Sie versuchten, mich davon abzuhalten, mit Jungen zu spielen – überhaupt Fussball zu spielen. Sie sagten mir, dass ich in die Küche gehöre, dass ich ein Mädchen bin. Dass ich andere Dinge tun muss und nicht auf den Fussballplatz gehöre.»

Doch Popal liess sich nicht entmutigen. Heimlich begann sie, den Frauenfussball im Land aufzubauen. Durch Schulprojekte und gezielte Kampagnen begeisterte sie Tausende Mädchen und gründete 2007 schliesslich das erste afghanische Frauen-Nationalteam.

Sport als Brücke: Sommercamp in Zürich

Doch all das wurde mit der erneuten Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 zerstört. Frauenfussball in Afghanistan wurde wieder verboten, Sportlerinnen mussten fliehen, um ihr Leben zu retten. «Jetzt sind unsere Spielerinnen auf der ganzen Welt verstreut und leben als Flüchtlinge», sagt Popal.

Die ehemalige Nationalspielerin engagiert sich mit ihrer Organisation «Girl Power» weltweit für geflüchtete Spielerinnen – zuletzt auch in Zürich. Im Rahmen des Sommercamps der Stiftung «Coubertin meets Dunant» in Zürich kommen afghanische Flüchtlinge aus aller Welt mit Juniorinnen-Teams des Grasshopper Club Zürich, des FC Winterthur und des VfL Wolfsburg zu einem einwöchigen Trainingslager zusammen.

Sie trainieren gemeinsam, wohnen im selben Hotel und nehmen an Workshops teil, mit dem Ziel, interkulturellen Austausch zu ermöglichen und Brücken zu bauen. «Das Ziel ist es, den integrativen Gedanken des Sports zu fördern», sagt Lukas Hammer, Mitglied der Stiftung.

Popal ist als Mentorin für die Spielerinnen dabei. «Unsere Plattform wurde gegründet, um die Stimme für unsere stimmlosen Schwestern zu sein», erklärt die Aktivistin. Für die afghanischen Spielerinnen ist das Camp mehr als nur ein Fussballtraining – es ist eine Chance für all jene, die in Afghanistan zum Schweigen gezwungen wurden.

Anschlag auf Popal

«Fussball als Mittel für meinen Aktivismus zu nutzen, hatte seinen Preis», sagt die 38-jährige Buchautorin. Khalida Popal wurde verfolgt, erhielt Vergewaltigungs- und Morddrohungen. Eines Tages raste ein Lastwagen gezielt in ihr Auto. Kurz darauf fielen Schüsse – Männer feuerten durch das Seitenfenster. Sie konnte im letzten Moment im Verkehrschaos von Kabul entkommen. Über Nacht musste sie das Land verlassen.

Ihre abenteuerliche Flucht endete in einem Flüchtlingslager in Dänemark. Dort fiel sie in eine Depression, war mutlos und permanent von Angst geplagt. Durch das Fussballspielen mit anderen Geflüchteten und den Zugang zur Bildung fand sie langsam zurück ins Leben.

Kampf um Anerkennung

Der Kampf um die Anerkennung geht heute weiter – auf globaler Ebene. Weil die Taliban die Kontrolle über den afghanischen Fussballverband übernommen haben, existiert das Frauen-Nationalteam offiziell nicht mehr. Die Fifa verweigert die Anerkennung des geflüchteten Teams mit Verweis auf die Regularien: Ein Nationalteam dürfe nur anerkannt werden, wenn der jeweilige nationale Verband es unterstütze – eine Aussicht, die unter den Taliban nahezu unmöglich ist.

Die ehemalige Kapitänin des Nationalteams fordert ein Umdenken. Sie schätzt die Unterstützung für geflüchtete Sportlerinnen, doch das reicht ihr nicht. «Denn Fussball ist, wie die Fifa sagt: für alle. Aber sie schliessen uns aus.» Sie kämpft im Exil weiter für die offizielle Anerkennung des afghanischen Frauen-Nationalteams.

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