Darum gehts
- Unruhen in Lausanne nach Tod eines Jugendlichen bei Polizeiflucht
- Anwohner genervt, vermuten Krawalltouristen aus anderen Vierteln
- Am Montag waren 150 bis 200 Personen beteiligt, sieben Festnahmen
Was derzeit in Lausanne VD passiert, erinnert ein bisschen an jene Zustände, die in den Pariser Vorstädten zum Alltag gehören. Brennende Müllcontainer, Feuerwerkskörper und junge Randalierer, die sich Strassenschlachten mit der Polizei liefern.
Es sind vor allem Jugendliche, die in den Nächten auf Montag und Dienstag das Lausanner Quartier Prélaz in Angst versetzten. Laut Polizei beteiligten sich zwischen 150 und 200 teils vermummte Personen an den Krawallen, in der Nacht auf Dienstag kam es zu sieben Festnahmen. Die Anwohner sind genervt. «Drückt euren Hass anders aus!», rufen sie den Tumultmachern zu. Es nützt nichts.
Auch am Dienstagnachmittag sind die Ausschreitungen das grosse Thema in der Stadt. Die Stimmung ist nach wie vor aufgeladen. Und es geht die Frage um: Wird die Stadt am Genfersee die dritte Krawallnacht in Folge erleben?
Sind es Krawalltouristen?
Vor einer Kita im Unruheviertel trifft Blick am Dienstagnachmittag auf den 19-jährigen Etienne*, der im Quartier Prélaz lebt. Der junge Mann ist sichtlich genervt. Mit Verweis auf die demolierte Terrasse einer Kita sagt er: «Das ist nicht unsere Schuld. Das waren Jugendliche aus anderen Vierteln oder aus der Stadt, die mit Sturmhauben kamen und alles grundlos kaputtgemacht haben. Sie kamen nur, um Sachen zu werfen und kennen Marvin nicht einmal.»
Marvin M.* (†17) ist der Auslöser der Proteste. Der Jugendliche mit kongolesischen Wurzeln war am Sonntagmorgen auf der Flucht vor der Polizei ums Leben gekommen. Er prallte mit seinem Roller in eine Mauer, zog sich dabei tödliche Verletzungen zu. Daraufhin begannen am Sonntagabend die Krawalle. Am Dienstag erklärte die Staatsanwaltschaft, dass Marvin M. die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe. «Zum Zeitpunkt des Unfalls kam es zu keiner Berührung zwischen dem Polizeiauto und dem Töff», hiess es.
Etienne sagt derweil, er selbst habe Marvin gekannt, was auf einen Grossteil der Randalierer aber nicht zutreffe. Er schätzt, dass mindestens 90 Prozent der Demonstranten nicht aus dem Viertel stammen. «Es sind 15- bis 17-jährige Jugendliche, die Wut im Bauch haben, aber nicht wissen, wie sie diese ausdrücken sollen», sagt er.
Für den jungen Mann ist klar, dass jetzt Ruhe einkehren muss, dass es keine dritte Krawallnacht geben darf. «Die Ausschreitungen haben vor allem den Bewohnern des Quartiers geschadet, das muss aufhören», sagt er.
So präsentiert sich die Lage am dritten Tag nach Marvins Tod
Im Quartier ist die Stimmung auch am Dienstagnachmittag angespannt. Da, wo die Strasse am Montag gebrannt hatte, stehen zwei Kantonspolizisten, pausenlos werden sie von Passanten angesprochen. Die Polizei von Prélaz patrouillierte die ganze Zeit – bis in die Nacht hinein. Beim Unfallort versammelten sich Dutzende Bekannte des Verstorbenen. Sie machten nicht den Eindruck, dass sie mit den Unruhen etwas zu tun haben. Im Gespräch mit Blick sagten sie auch, dass sie zwar wütend auf die Polizei sind, aber auch, dass sie die Gewalt verurteilen. Am Abend blieb das Quartier ruhig. Es versammelten sich erneut ein paar Teenies, aber zu Protesten kam es bis gegen 22.30 Uhr nicht. Hinzu kommt: In Lausanne regnete es stark – ein Grund für die Teenies, zu Hause zu bleiben?
Blick sprach den ganzen Tag über mit Passanten. Mit Namen und Foto wollen sich viele nicht exponieren. «Die Proteste werden noch die ganze Woche anhalten», sagen die meisten. Entspannt geben sich hingegen die Besitzer der Geschäfte im Quartier. «Wir schliessen um 18 Uhr, uns betrifft das nicht», sagt ein Mann.
«Aussergewöhnlich heftig»
Sandrine B.* (32), eine gute Bekannte der Familie von Marvin M. ist von der Heftigkeit der Proteste verunsichert. «Das ist aussergewöhnlich. Wir fühlen uns sonst sicher in Lausanne», sagt sie zu Blick. «Ich bleibe einfach diese Woche am Abend zu Hause.»
B. hat normalerweise keine Angst. «Lausanne ist eine sehr offene Stadt. Wir erleben sehr wenig Rassismus. Auch nicht vonseiten der Polizei. Die Proteste jetzt sind darum etwas schwierig zu verstehen», sagt sie.
So geht es auch Prudence Kone, eine Bewohnerin des Viertels. «Wir hatten grosse Angst. Wir haben brennende Mülltonnen, verbrannte Reifen und Feuerwerkskörper gesehen», sagt sie und fügt an: «Ich verstehe die Wut, aber Selbstjustiz ist keine Lösung. Sie schafft nur neue Probleme.»
*Name geändert
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