Nach Katastrophe in Blatten VS
Permafrost in Schweizer Alpen schmilzt – Bergrutschgefahr steigt

Der Permafrost in den Schweizer Alpen taut immer schneller. Noch nie waren die aufgetauten obersten Schichten des Permafrosts so dick wie im letzten Jahr, wie die neuesten Daten des Schweizer Permafrostmessnetzes Permos zeigen.
Publiziert: 17.06.2025 um 09:40 Uhr
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Aktualisiert: 17.06.2025 um 09:53 Uhr
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Der fehlende Permafrost hat grosse Auswirkungen auf die Stabilität von ganzjährig gefrorenen Berghängen.

Darum gehts

  • Permafrostveränderungen in Schweizer Alpen beschleunigen sich, beeinflussen Bergstabilität
  • Erstmals blieb Auftauschicht an einem Permos-Standort im Winter nicht gefroren
  • Permafrosttemperaturen in 10 Metern Tiefe stiegen in 10 Jahren um 0,8 Grad
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Die beobachteten Veränderungen des Permafrosts wirkten sich auf die Stabilität der ganzjährig gefrorenen Berghänge aus, teilte die Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften (SCNAT) am Dienstag mit. Das sei für die Planung von Naturgefahren und Infrastrukturen im Hochgebirge von grosser Bedeutung.

Als Permafrost wird ständig gefrorener Boden bezeichnet, der in der Schweiz etwa fünf Prozent der Landesfläche bedeckt. Im Rahmen von Permos werden seit 25 Jahren Messungen zum Permafrost durchgeführt. In diesem Zeitraum haben sich die Permafrostveränderungen in den Schweizer Alpen laut der Akademie beschleunigt. Insgesamt hat im letzten Vierteljahrhundert der Bodeneisgehalt im Permafrost deutlich abgenommen.

Auch im Fall des Hangrutsches in Blatten VS Ende Mai könnte das Auftauen von Permafrost infolge des Klimawandels eine wesentliche Rolle gespielt haben, wie Experten sagen. Der Einsturzort am Kleinen Nesthorn liege in einer wahrscheinlichen Permafrostzone, wo Erwärmung und Frost-Tau-Zyklen die Felsstabilität schwächten.

Letzten Jahre ausschlaggebend

In den letzten zehn Jahren stiegen die Temperaturen des Permafrosts in zehn Metern Tiefe an den 23 Permos-Bohrlochstandorten im Durchschnitt um 0,8 Grad an. Im hydrologischen Jahr 2024, das von Oktober 2023 bis September 2024 dauert, erreichten sie abermals neue Rekordwerte.

Ausschlaggebend dafür waren die Temperaturen der letzten Jahre. Die hydrologischen Jahre 2022, 2023 und 2024 gehören zu den fünf wärmsten, die in der Schweiz seit Beginn der Messungen im Jahr 1864 gemessen wurden. Die Temperaturen lagen 1,44 bis 1,9 Grad Celsius über dem Mittel der Periode 1991 - 2020. Der neueste Anstieg der Permafrosttemperaturen wurde aber dadurch verstärkt, dass in hohen Lagen bereits früh Schnee fiel und den Untergrund isolierte.

Neue Rekordwerte an allen Messstandorten

Die Erwärmung des Permafrosts setzt sich laut der SCNAT in grösseren Tiefen fort. Damit wurde auch die Schicht, die im Sommer auftaut und im Winter wieder gefriert, mächtiger. An allen Messstandorten hat sie neue Rekordwerte erreicht.

Am Schilthorn in den Berner Alpen ist im Winter 2024 zum ersten Mal an einem Permos-Standort die Auftauschicht nicht mehr durchgefroren. In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Auftauschicht je nach Standort und Bodeneisgehalt um einige Dezimeter bis mehrere Meter gewachsen.

Ebenfalls fliessen die Blockgletscher immer schneller ins Tal: Die Geschwindigkeiten der eishaltigen Schuttmassen ist von einigen Dezimetern pro Jahr in den frühen 1990er Jahren auf mehrere Meter pro Jahr im Jahr 2024 gestiegen.

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