Darum gehts
Früher ein Tabu, heute im Trend: Auf Social Media packen User offen über ihre Haartransplantationen aus – allen voran auf Tiktok. Statt Geheimratsecken gibts jetzt Vorher-nachher-Clips. Das Resultat: jede Menge Klicks, Likes und Kommentare.
Den Hype erklärt Andreas Krämer (51), freier Berater für Haartransplantationen und Gründer der Online-Beratungsstelle Hairforlife, so: «Haare stehen für Jugend und Attraktivität. Und Haarausfall wird gerade bei Männern zudem mit dem Verlust ihrer Männlichkeit assoziiert.»
Auch die internationale Gesellschaft der Haartransplanteure (ISHRS) präsentiert in ihrem Jahresbericht die meistgenannten Gründe ihrer Patienten: Sie wollen besser aussehen, sich attraktiver und jünger fühlen – und im Job konkurrenzfähig bleiben.
Kein Wunder also, legen sich gemäss ISHRS immer mehr Menschen für ihre Mähne unters Messer. Immer öfter auch Frauen und Jüngere zwischen 26 und 35 Jahren.
Transparenz durch Offenheit
Auf Social Media scheinen sich schliesslich viele einen ersten Eindruck über die OP zu verschaffen. Experte Krämer befürwortet dies grundsätzlich: «Echte Erfahrungsberichte können Betroffenen helfen. Sie geben Einblicke in die Behandlung, nehmen Ängste – und zwingen Kliniken zur Transparenz.» Wichtig hierbei: die Realness der Creator.
Doch: Nicht alles ist so ungefährlich, wie es aussieht! Laut Krämer wird häufig eine verharmlosende Darstellung der Haartransplantation präsentiert. «Eingriffe werden wie Lifestyle-Behandlungen inszeniert», sagt der Experte. «Es entsteht der Eindruck, eine Haartransplantation sei harmlos, billig und risikolos – vergleichbar mit einem Friseurbesuch. Das verzerrt die Realität.» Dadurch gehe unter, wie komplex und risikoreich Haartransplantationen sind.
Zugleich habe die Zahl der Anbieter stark zugenommen – Haartransplantationen seien immer mehr Fliessbandarbeit geworden. «Vor allem im Ausland», so Krämer. «Teilweise werden dort pro Klinik 30 bis 50 Eingriffe täglich von Assistenten ohne medizinische Ausbildung durchgeführt.»
Der Standort Schweiz sei allein kein Garant für Qualität, erklärt Krämer. «Der weit verbreitete Glaube, dass hier alles besser ist, trifft bei Haartransplantationen nicht zwingend zu.» Ausserdem seien auch hier kritische Entwicklungen zu beobachten: «So etwa Behandlungen, bei welchen die entscheidenden Schritte von Assistenten durchgeführt werden. Oder auch Kliniken, bei denen speziell für die Durchführung der Operationen Ärzte aus dem Ausland eingeflogen werden, die nicht zur Ausübung medizinischer Tätigkeiten in der Schweiz berechtigt sind.»
Krämer rät: «Wer eine Haartransplantation plant, sollte sich kritisch und umfassend informieren. Dies auf möglichst unterschiedlichen Plattformen und in Foren. Eine gute Quelle ist etwa das Portal alopezie.de.»