Darum gehts
- Post in schwieriger Lage: Weniger Briefe, digitale Projekte umstritten
- Bundesrat Rösti präsentiert Eckwerte für Revision des Postgesetzes
«Ich würde lieber als Post-Modernisierungsminister bezeichnet», sagt Rösti
Die Post steckt in einer schwierigen Lage: Immer weniger Menschen verschicken Briefe, die digitalen Projekte sorgen politisch für Streit und machen Verluste. Gleichzeitig muss sich das Unternehmen an strenge gesetzliche Regeln halten.
Weil das Postgesetz bisher nicht geändert wurde, reagierte der Konzern mit dem, was in seiner Macht steht: Er baut Filialen ab, erhöht die Preise.
Keine «nostalgische» Gründe für Poststellen
Mit grosser Spannung wurde darum erwartet, was der zuständige Bundesrat Albert Rösti (58) am Mittwoch präsentiert. In der ersten Sitzung nach den Sommerferien hat sein Departement die Eckwerte für eine Revision des Postgesetzes vorlegen. Dies soll etwa ab 2030 gelten.
Das Ziel des angepassten Gesetzes ist, eine «zeitgemässe Weiterentwicklung der Grundversorgung und deren nachhaltige Finanzierung». Denn vom Bund ist auch künftig keine finanzielle Hilfe zu erwarten für den Gelben Riesen, so Rösti. Bis 2030 will der SVP-Bundesrat die A-Post nicht abschaffen und an mindestens 5 Tagen die Woche soll die Post Briefe ausliefern. Weiter sollen Poststellen betrieben werden wie heute. Danach könnte die Situation aber anders aussehen, sagt der Bundesrat. Aus «nostalgischen Gründen» sei es nicht nötig, Poststellen offen zu behalten, sagt er.
Als «Abbau-Minister» will sich Rösti nicht sehen, sagte er vor den Medien: «Ich würde lieber als Post-Modernisierungsminister bezeichnet.»
Kleine Reform wurde kritisiert
Bundesrat Rösti wollte der Post bereits per Verordnung einen Leistungsabbau ermöglichen. Gegen den Widerstand des Nationalrats hatte er eine Verordnung vorgelegt, welche dem Gelben Riesen Sparmassnahmen ermöglichen sollte.
Künftig soll beispielsweise die Postzustellung gemäss der geplanten «kleinen Post-Reform» in alle ganzjährig bewohnten Siedlungen anstatt wie heute in alle ganzjährig bewohnten Häuser erfolgen. Diese Vorlage wurde von vielen Kreisen kritisiert.
Am Mittwoch sagte Rösti nun vor den Medien: «Viele Menschen hängen an ihrer Poststelle. Doch wenn man sie fragt, geben sie zu, dass sie kaum mehr dort sind». Die Form der Poststellen werde sich verändern, doch der Zugang soll gewährleistet bleiben, verspricht er.
Als Reaktion auf die grossen Herausforderungen hat die Post ihre Geschäftstätigkeiten ausserhalb der Grundversorgung in den letzten Jahren ausgebaut. Dies stiess im Parlament immer wieder auf Ablehnung. Und so kündigte der Bundesrat nun an, er wolle auch das betroffene Postorganisationsgesetz revidieren.
So möchte der Bundesrat verankern, dass der Gelbe Riese die gekauften Unternehmen rasch in die Gewinnzone bringt. Ein generelles Übernahmeverbot soll es aber nicht geben.
Firmen unter der Lupe
Der Post soll kein Akquisitionsverbot aufgebrummt werden, sagt Rösti. Bei den strategischen Zielen will der Bundesrat jedoch künftig verankern, dass die Post bei Firmenübernahmen die gekauften Unternehmen rasch in die Gewinnzone bringen muss und nicht Verluste einfahren. Rösti hat seine Beamten beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage zu erarbeiten und ihm diese ebenfalls bis Ende Juni 2026 vorzulegen.
Die Medienkonferenz ist beendet, herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Waldkauf wird Riegel geschoben
«Wir erwarten nicht, dass die Post weiter Wald kauft», sagt Rösti. 2023 kaufte die Post 2400 Hektar Wald im deutschen Bundesland Thüringen. Die riesige Fläche soll dafür genutzt werden, um die eigene Klimabilanz aufzubessern. Solche Käufe sollen offenbar nicht mehr geschehen.
Rösti will sich nicht als «Abbau-Minister» sehen
«Post-Moderinsierungs-Minister», diesen Titel würde Rösti gerne tragen, sagt er auf Anfrage eines Blicks-Reporters. Die Digitalisierung macht nicht Halt vor der Post. Die Digitalisierung sei weit fortgeschritten, deshalb müsse sich das Post-Sortiment daran anpassen. Er sehe sich daher nicht als «Abbau-Minister». «Wir wollen Strukturen dort, wo sie gefragt sind, weiterbehalten.»
Alternative zur klassischen Poststelle
Wie will Rösti die Gegner ins Boot holen? «Eben, wir sagen, solange eine Nachfrage da ist, die einen Ertrag abgibt, wollen wir den Grundbedarf der Post nicht vorsorglich abbauen», sagt Rösti. Heute würden die Bevölkerung anerkennen, dass es Alternativen zur klassischen Poststelle geben. «Aber wenn das Parlament sagt, wir wollen keinen Abbau bei den Poststellen, muss man die Finanzierung der Post überdenken», kündigt Rösti an. Das kostet dann Steuergelder.
Pakete noch immer schnell unterwegs
Die Zustellung eines Pakets am nächsten Werktag soll auch in den kommenden Jahren Teil der Grundversorgung bleiben. Damit sollen alle Landesteile am boomenden Geschäft mit Paketlieferungen teilhaben können. Auch hier findet Rösti: Der Bundesrat soll jedoch bei der Paketzustellung Anpassungen vornehmen können, sollte die Liefermenge deutlich zurückgehen.
Das, was der Bundesrat am Mittwoch präsentiere, sei ab 2030 gedacht, damit der Öffentlichkeit und Politik genug Zeit bleibe, das Thema zu diskutieren. «Wir wollen Vertrauen schaffen», so Rösti. Nun beginnt die Fragerunde.
Wer besucht die Poststellen?
«Viele Menschen hängen an ihrer Poststellen, doch wenn man sie fragt, geben sie zu, dass sie kaum mehr dort sind»», sagt Rösti. Die Barzahlungsdienste seien aber noch immer wichtig. Überweisung, Einzahlung und Auszahlungen sollen auch künftig zum Grundauftrag der Poststellen gehören. Wenn die Nachfrage sinke, könne der Bundesrat die Grundversorgung anpassen. Der Bundesrat will auch künftig keine Entgeltung der Post vorsehen. Das Monopol für leichte Briefe unter 50 Gramm soll die Schweizer Post behalten.
Zeitungen weiter im Briefkasten
Falls die Auflagen der Zeitungen massiv fallen, wolle der Bundesrat trotzdem, solange wie möglich, an der Zustellung bis 12.30 Uhr festhalten, sagt Rösti. Das sei ein medienpolitischer Entscheid.
Am 2030 ist mit Abbau zu rechnen
Voraussichtlich ab dem Jahr 2030 soll die Post ihr Angebot der Nachfrage anpassen dürfen, so Rösti. Das sei ein Grundsatzentscheid des Bundesrats. Konkrete Vorgaben oder Zahlen zu Schwellenwerten könne der Bundesrat aber noch keine nennen. Im Postgesetz soll ein Mechanismus für die Anpassung der Grundversorgung entlang des Nachfragerückgangs verankert. Die Post kann künftig bei Erreichen gewisser Schwellenwerte eine Anpassung der Grundversorgung unter Einhaltung des Mindestumfangs beantragen.
A-Post bleibt
Bis 2030 will Rösti die A-Post nicht abschaffen und an mindestens 5 Tagen die Woche soll die Post Briefe ausliefern. Weiter sollen Poststellen betrieben werden wie heute. Danach könnte die Situation aber anders aussehen, sagt der Bundesrat. Aus «nostalgischen Gründen» sei es nicht nötig, Poststellen offen zu behalten, sagt er.
«Der Bundesrat will keine eingeschränkte Grundversorgung»
«Wir haben heute neben vielen anderen Themen über die Post gesprochen», eröffnet Rösti die Medienkonferenz. Die Briefmenge habe sich in den letzten 20 Jahren halbiert. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen, schätzt er. Die steigenden Paket-Zahlen würden dies nicht wettmachen. Diese Entwicklung habe einen Einfluss auf die Grundversorgung. Rösti erinnert daran, dass die Schweizer Post keine Subventionen erhalte. Wenn sich das Briefgeschäft künftig nicht mehr rentiere, werde die Post die Grundversorgung nicht mehr stemmen können. «Wir haben Zeit, die Post ist finanziell noch gut aufgestellt.» Man wolle nicht zuwarten, bis die Post in Schieflage gerate. «Der Bundesrat will keine eingeschränkte Grundversorgung, wenn die Nachfrage vorhanden ist.»