Wegen Verspätungen brauchen Passagiere Verpflegung
So gibts gratis Getränke und Snacks im SBB-Zug

Züge zwischen Deutschland und der Schweiz kommen oft zu spät – so sehr, dass Passagieren gratis Wasser und Snacks abgegeben werden muss. Die wenig bekannte Vorschrift zwingt die SBB im Extremfall sogar, Verpflegung aus dem Speisewagen kostenlos zu verteilen.
Publiziert: 30.10.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2025 um 07:15 Uhr
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Der Eurocity, der zwischen München und Zürich verkehrt, ist berüchtigt für seine Verspätungen.
Foto: Imago/Wolfgang Maria Weber

Darum gehts

  • Vorschrift verlangt: In stark verspäteten Züge muss kostenlos Verpflegung angeboten werden
  • Auch in Schweizer Zügen: Deutsche Bahn führt standardmässig Kisten mit «Notwasser» in Zügen mit
  • Manchmal muss der Speisewagen einspringen oder kommt direkt zum Einsatz
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Sven AltermattCo-Ressortleiter Politik

Pünktliche Züge sind zwischen Deutschland und der Schweiz die Ausnahme, nicht die Regel. Besonders berüchtigt ist etwa der Eurocity von München nach Zürich. Baustellen, Anschlussprobleme, Signalstörungen: Die Verspätungen wachsen in Deutschland regelrecht heran.

Ab einer Stunde Verspätung haben Reisende Anspruch auf Entschädigung. Doch das ist nicht alles. Eine unscheinbare Vorschrift, die Bundesbern vor vier Jahren eingeführt hat, führt manchmal zu bizarren Folgen: Die SBB müssen in ihren Speisewagen Gratis-Verpflegung abgeben!

«Kostenlos eine Erfrischung im Speisewagen»

Im Eurocity Zürich-München passiert das regelmässig – Blick sind mehrere Fälle bekannt. Einer spielte sich diesen Oktober ab: Als der Zug die Ostschweiz erreichte, betrug die Verspätung etwas über eine Stunde. Der deutsche Zugchef entschied, dass sogenannte «Notwasser» an die Reisenden zu verteilen. Mineralwasser im 0,5-Liter-Tetrapack, das die Deutsche Bahn eigens für Verspätungen abfüllen lässt und in den Zügen mitführt. Doch die Reserven reichten nicht.

Also musste der Speisewagen einspringen. Unterwegs war ein Schweizer Zug, das Bistro wurde von der SBB-Tochter Elvetino geführt. Per Durchsage informierte das Personal: «Aufgrund der hohen Verspätung erhalten Sie im Speisewagen kostenlos eine Erfrischung.»

Dort wurden Softgetränke nach Wahl und Snacks gratis abgegeben – aus dem regulären Sortiment. Genervte Passagiere nutzten das Angebot. Glück hatte, wer schon im Speisewagen sass und zuvor ein Fläschli bestellt hatte: Das gab es jetzt gratis.

Bei anderen Verbindungen mit Deutschland oder auch Italien kommt es ebenfalls zu dieser Situation: So haben Eurocity-Züge aus Mailand teils grosse Verspätung – dann wird dort mitunter gratis Verpflegung aus dem Speisewagen verteilt.

Konkret schreiben die Passagierrechte seit vier Jahren auch in der Schweiz vor: Reisenden müssen ab 60 Minuten Verspätung kostenlos Getränke und Essen angeboten werden – im «angemessenen Verhältnis zur Wartezeit» und sofern die Verpflegung «im Fahrzeug oder in der Station verfügbar oder vernünftigerweise lieferbar ist».

Betroffen sind fast ausschliesslich internationale Verbindungen, die die SBB meist gemeinsam mit ausländischen Bahnen betreiben. Wie häufig Verpflegung abgegeben wird, ist nicht bekannt – Zahlen dazu nennen die SBB keine.

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Deutsche Bahn muss liefern oder bezahlen

Speziell: Auf deutschen Schienen ist die Unpünktlichkeit quasi schon einkalkuliert. Denn in den Zügen zwischen der Schweiz und dem grossen Nachbarland stellt die Deutsche Bahn standardmässig Kisten mit ihrem «Notwasser» bereit. Eine Sprecherin bestätigt: Das gilt auch für SBB-Züge, die von der Schweiz aus nach Deutschland fahren. Das Wasser wird jeweils vom Zugpersonal verteilt. Wie oft die Vorräte nicht ausreichen und stattdessen der Speisewagen einspringen muss? Dazu äussern sich die SBB nicht.

In Zügen, die in andere Nachbarländer verkehren, setzt man bei Verspätungs-Verpflegung von vornherein auf die Bordgastronomie, so die SBB-Sprecherin weiter: Bei den übrigen internationalen Verbindungen werde «die Ausgabe von Getränken über den Caterer auf dem Zug organisiert».

Verantwortlich für das Notfallangebot ist bei internationalen Zügen jenes Bahnunternehmen, bei dem die Verspätung entstanden ist – oft also die Deutsche Bahn. Muss der Speisewagen Getränke an verspätete Passagiere abgeben, können die SBB dies an die Deutschen weiterverrechnen.

So ist die Lage im Inland

Und innerhalb der Schweiz? Hier bleibt die Kehle meist trocken – im besten Sinne des Wortes. Die SBB müssen keine Kisten voller «Notwasser» in die Züge laden. Die Pünktlichkeit ist bei uns vergleichsweise hoch. Auf den Schweizer Strecken komme es «sehr selten vor, dass Wasser oder Snacks abgegeben werden», bestätigt das Unternehmen.

Was kaum bekannt ist: Zumindest in den grossen Basistunnels wie dem Gotthard oder Ceneri lagert jeweils ein grosser Vorrat an Wasserflaschen für den Ernstfall.

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