Darum gehts
- Bundesrat will lebenslange Witwenrenten kippen
- FDP-Nationalrat Silberschmidt sucht Kompromiss für sozialere Witwenrenten-Reform
- GLP schlägt schrittweise Erhöhung des Ehepaar-Plafonds über 10 Jahre vor
Das Seilziehen um die AHV geht in die nächste Runde. Im Fokus diesmal die Witwen- und Ehepaarrenten. Der Bundesrat will die lebenslangen Witwenrenten kippen. Künftig sollen Verwitwete maximal nur noch bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Kindes eine Hinterlassenenrente erhalten. Einzig bei bereits über 55-Jährigen würde die laufende Rente nicht gestrichen.
Der bundesrätliche Vorschlag kommt von links wie rechts unter die Räder. Die Linke wehrt sich gegen den «Kahlschlag bei den Witwenrenten». Die SVP will die Witwenrenten nur kappen, wenn im Gegenzug die Ehepaarrenten erhöht werden. Und die Mitte fordert via Volksinitiative die gänzliche Abschaffung des Ehepaar-Plafonds, der die Eheparrente auf maximal 150 Prozent einer Einzelrente deckelt.
Die nationalrätliche Sozialkommission wagt nun einen neuen Anlauf, die beiden Themen in einen indirekten Gegenvorschlag zu verpacken. Damit soll die Mitte-Initiative ausgebremst werden, die die AHV mit rund 4 Milliarden Franken jährlich zusätzlich belasten würde.
Die Ausgangslage ist vertrackt. Unzählige Anträge wurden eingereicht und die Verwaltung mit Neuberechnungen beauftragt, sodass ein definitiver Entscheid ein ums andere Mal verschoben werden musste. Es wird gefeilscht wie auf einem Basar.
FDP-Silberschmidt will sozialere Reform
Doch nun kommt Bewegung in die Fronten. FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (31) sucht den Kompromiss und macht dabei einen Schritt auf die Linke zu. «Die Vorlage hat eine bessere Chance, wenn sie sozialer ausfällt als der Bundesratsvorschlag», sagt der Zürcher zu Blick.
Er hat deshalb einen neuen Antrag eingereicht. «Für Witwen und Witwer mit Kindern soll der Besitzstand gelten», sagt er. Ein Elternteil, der heute bereits verwitwet ist, soll seine Rente also weiterhin lebenslang erhalten – unabhängig vom Alter. «Es wäre unfair, wenn jemand im Nachhinein schlechtergestellt wird, der drei Kinder grossgezogen und deshalb auf einen Job verzichtet hat.»
Die grundsätzliche Anpassung der Witwenrente für die Zukunft, wie es der Bundesrat vorschlägt, unterstützt er. Demnach soll die Witwenrente maximal so lange fliessen, bis das jüngste Kind 25 Jahre alt ist. Und kinderlose Verwitwete würden nach einer Übergangsphase gar keine Rente mehr erhalten.
Silberschmidt hofft, dass er für seinen Kompromiss eine Mehrheit findet. «Neuverwitwete erhalten Zeit, sich auf die neuen Regelungen auszurichten und wieder einen Job zu suchen.» Sein Vorschlag könnte die Basis für einen Witwenrenten-Deal legen.
Die Linke lässt sich vorerst nicht in die Karten blicken, was sie vom Silberschmidt-Antrag hält. «Ich nehme zum jetzigen Zeitpunkt nicht Stellung zu einzelnen Anträgen», sagt SP-Co-Chefin Mattea Meyer (37).
Ehepaarrenten schrittweise erhöhen
Was den Ehepaar-Plafond betrifft, liebäugelt Silberschmidt mit einem Antrag von GLP-Nationalrat Patrick Hässig (46, ZH). Der Grünliberale möchte den gordischen Knoten mit einem stufenweisen Vorgehen zerschlagen. «Eine sofortige Erhöhung des Plafonds, wie es die Mitte oder auch die SP in einem Antrag fordern, ist gegenüber den arbeitenden und jüngeren Menschen im Land nicht fair», sagt Hässig. Er möchte den Plafond schrittweise erhöhen und nach zehn Jahren ganz abschaffen.
Im Gegenzug soll der Verwitwetenzuschlag von heute 20 Prozent ebenfalls schrittweise bis auf null reduziert werden. Der Systemwechsel soll aber nur für Neurentner gelten. Für jetzige Rentner würden weiterhin die heutigen Vor- und Nachteile gelten. «Das wäre generationengerecht und nahezu kostenneutral», so Hässig. Er rechnet mit Support vonseiten der SVP und der FDP.
An der nächsten Kommissionssitzung Ende August kommt es zum Showdown. Welches Modell sich am Ende durchsetzt, ist offen. Ebenso, ob Witwen- und Ehepaarrenten in einer Vorlage verknüpft oder in zwei separaten Geschäften behandelt werden sollen. Silberschmidt zeigt sich aber zuversichtlich: «Ein Scheitern der Reform können wir uns nicht leisten.»